BMF klärt mit Schreiben vom 2. Oktober 2023 Detailfragen zur E-Rechnung

Die Verbändeanhörung zum Wachstumschancengesetz, das auch die verpflichtende E-Rechnung ab 2025 vorsieht (wir berichteten hier und hier), hat viele Bedenken und Fragen hervorgebracht. Mit einigen setzt sich das BMF in einem Schreiben vom 2. Oktober 2023 auseinander. Dies betrifft vor allem die XRechnung, die hybride ZUGFeRD-Rechnung und die EDI-Rechnung.

Was ist eine E-Rechnung?

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist eine E-Rechnung alles, was elektronisch übermittelt wird – auch per E-Mail verschickte PDF-Dateien. Die geplante Neuregelung basiert jedoch auf einer anderen Definition: Nur XML-Formate, die von IT-Systemen zwischen Versender und Empfänger automatisch, ohne manuelle Eingriffe verarbeitet werden können, sind E-Rechnungen. PDF-Dateien hingegen müssen von einem Menschen gelesen werden; daran ändert auch die Möglichkeit des Einsatzes von OCR-Software zur Texterkennung nichts, da sie nicht völlig fehlerfrei arbeitet und deshalb häufig eine manuelle Nachbearbeitung nötig ist. Bei XML-Formaten hingegen ist festgelegt, wie sie aufgebaut sein müssen, sodass sie maschinell lesbar sind. Durch diese Struktur kann der gesamte Rechnungsprüfungsprozess automatisiert ablaufen, einschließlich Abgleich mit dem Auftrag und theoretisch sogar der Zahlungsauslösung.

Können XRechnung, ZUGFeRD und EDI-Formate weiter genutzt werden?

Eine bereits etablierte Form der E-Rechnung in diesem Sinne ist die XML-basierte XRechnung. Im Rechnungsaustausch mit Behörden ist sie nach dem E-Rechnungsgesetz vom 4. April 2017 in Deutschland bereits verpflichtend. Das BMF stellt in seinem Schreiben klar, dass die XRechnung grundsätzlich eine Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format darstellt, die der europäischen Norm für die elektronische Rechnungstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 entspricht.

Institutionen in Deutschland und Frankreich haben darüber hinaus einen gemeinsamen hybriden Rechnungsstandard entwickelt, der in Frankreich Factur-X heißt und in Deutschland ZUGFeRD genannt wird (die Abkürzung steht für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“). Hybrid deshalb, weil die Rechnung hier aus einer für das menschliche Auge lesbaren PDF- und einer eingebetteten maschinell lesbaren XML-Datei besteht. Das BMF lässt in seinem Schreiben auch die hybride ZUGFeRD-Rechnung als E-Rechnung zu – allerdings erst ab Version 2.0.1. Damit wird auch eine Änderung von Abschn. 14.4 Abs. 3 Satz 4 UStAE einhergehen. Dieser Abschnitt bezieht sich auf die gesetzliche Anforderung, dass bei elektronischen Rechnungen die Lesbarkeit gewährleistet sein muss. Nach der bisherigen Fassung ist hiermit die Lesbarkeit für das menschliche Auge gemeint, die bei XML-Dateien erst durch die Konvertierung entsteht. Kommt es bei dem hybriden Format ZUGFeRD zu Abweichungen zwischen der PDF- und der XML-Datei, geht bislang der für das menschliche Auge lesbare Bildteil vor. Dieses Verhältnis wird mit der verpflichtenden Einführung der E-Rechnung umgekehrt, sodass dann der strukturierte Teil entscheidend sein wird.

Das BMF erkennt in seinem Schreiben auch die Bedeutung des EDI-Verfahrens für viele Wirtschaftsbereiche an. Gerade wird an einer Lösung gearbeitet, die die Weiternutzung der EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen so weit wie möglich sicherstellen soll, wobei aber möglicherweise technische Anpassungen nötig sein können.

Empfang von E-Rechnungen

Aufgrund verschiedentlicher Nachfragen klärt das BMF vorsorglich noch eine Zweifelsfrage: Zwar können Rechnungsaussteller innerhalb der Übergangsfristen entscheiden, ob sie E-Rechnungen ausstellen wollen, dies gilt aber nicht für den Empfang der E-Rechnung. Das heißt, Rechnungsempfänger können die Entgegennahme einer E-Rechnung auch innerhalb der Übergangsfristen nicht verweigern. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt, denn damit werden Unternehmen gezwungen, sich technisch auf die Entgegennahme von E-Rechnungen vorzubereiten, auch wenn sie für die Ausstellung der E-Rechnung gerne von der Übergangsfrist Gebrauch machen und sich dem Thema noch eine Weile entziehen würden. Die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, wäre, die Lieferanten zu bewegen, auf die E-Rechnung zu verzichten, oder die Beziehung zu Lieferanten zu beenden, die das nicht wollen. Vor einem solchen Schritt sollten Unternehmer aber bedenken, dass die E-Rechnung erhebliche Vorteile mit sich bringt und es sich lohnen kann, lieber früher als später umzustellen. Zu nennen ist hier vor allem die Zeit- und Kostenersparnis – so sollen die durchschnittlichen Kosten für die Erstellung einer Rechnung von 23 € auf 6 € sinken. Für die Umstellung aller Prozesse muss aber einiges an Zeit und Ressourcen eingeplant werden. Die Hinzuziehung eines erfahrenen Experten ist zu empfehlen.

Was gilt es für Unternehmen weiter zu beachten?

Das BMF-Schreiben befasst sich nur mit einigen ausgewählten Fragen – andere bleiben offen. Unklar ist zum Beispiel, was die Verpflichtung zur Erstellung einer E-Rechnung für Vermieter bedeutet, bei denen bislang der Mietvertrag als Rechnung ausreichte, wenn er alle Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG enthielt. Nach dem Wortlaut des Wachstumschancengesetzes ist dies nicht mehr zulässig – wenn nicht das BMF hier nicht noch eine Vereinfachungsregel schafft.

Für Unternehmer, die steuerfreie Leistungen erbringen und deshalb selbst nicht zur Ausstellung von E-Rechnungen verpflichtet sind, kommt das Problem durch die Hintertür: Auch sie müssen den Empfang von E-Rechnungen technisch ermöglichen.

An private Endverbraucher dürfen zwar ohne deren Zustimmung keine E-Rechnungen verschickt werden, es gibt aber eine Gruppe von „quasiprivaten“ Unternehmern, die gesetzlich eigentlich weitgehend von allen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen befreit sind: die Betreiber von Photovoltaikanlagen auf Wohnhäusern. Sie könnten jetzt durch die Verpflichtung zum Empfang von E-Rechnungen in Bedrängnis geraten.

Eine durchaus positive Nachricht am Ende: Es verdichten sich die Gerüchte, dass sich die verpflichtende Einführung von E-Rechnungen um zwei Jahre nach hinten verschieben könnte.

Stand: 23.10.2023

Autorin

Nadia Schulte
Tel.: +49 211 83 99 330