Wärmepumpen im baurechtlichen Kontext –Einhaltung von Abstandsflächen und der TA-Lärm erforderlich?

Wärmepumpen sind in Deutschland im Zuge der Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Im Jahr 2022 hatten Wärmepumpen auch aufgrund der Energiekrise eine hohe Nachfrage erfahren. Auch wenn der Markt im Jahr 2023 eingebrochen ist, ist aufgrund der Energiewende auch in Zukunft damit zu rechnen, dass Wärmepumpen verstärkt in und auf Grundstücken verbaut werden. Vermehrt stellen sich damit auch baurechtliche Fragen. Hier kommt es häufig zu Nachbarstreitigkeiten in Bezug mit Lärmimmissionen.

Abstandsflächen

Werden Wärmepumpen nicht im Gebäude selbst, sondern außerhalb auf dem Grundstück verbaut, stellt sich die Frage, ob sie die Abstandsflächen einhalten müssen. Diese gelten nach den Bauordnungen der Länder nur für Gebäude und andere Anlagen, von denen eine „gebäudegleiche Wirkung“ ausgeht. Entsprechend stellt sich die Frage, ob Luftwärmepumpen eine solche Wirkung haben. Diese Problematik hat hohe praktische Relevanz, weil Abstandsflächen dem Interessenausgleich der Grundstückseigentümer dienen und somit nachbarschützend sind. Der Verstoß gegen Abstandsflächen kann daher von Nachbarn vor Gericht geltend gemacht werden.

Grundsätzlich gilt, dass eine Anlage dann gebäudegleiche Wirkung hat, wenn von ihr solche Auswirkungen ausgehen, die bei Gebäuden die Einhaltung von Abstandsflächen erforderlich machen. Hierbei wird häufig auf die Abmessungen der Anlage abgestellt. Wenn die Anlage somit z. B. ähnlich hoch wie ein Gebäude ist, kann man eine entsprechende Wirkung etwa bejahen, wobei es hier keine starren Grenzen gibt. In Bezug auf Wärmepumpen ist die Rechtsprechung bislang uneinheitlich.

Bejaht wurde die gebäudegleiche Wirkung soweit ersichtlich bisher vom OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 26. Februar 2013 – 25 U 162/12), dem OLG Nürnberg (Urt. v. 30. Januar 2017 – 14 U 2612/15), dem VG Düsseldorf (Urt. v. 16. Dezember 2015 – 28 K 3757/14), dem VG Darmstadt (Urt. v. 10. April 2019 – 7 O 124/18) und dem VG Köln (Urt. v. 13. März 2020 – 8 K 16093/17). Verneint wurde die gebäudegleiche Wirkung hingegen vom OLG München (Urt. v. 11. April 2018 – 3 U 3538/17) und dem VG Mainz (Urt. v. 30. September 2020 – 3 K 750/19.MZ).

Die Rechtslage ist somit nicht eindeutig. Begründen lässt sich die divergierende Rechtsprechung damit, dass die Gerichte, die eine gebäudegleiche Wirkung bejaht haben, im Wesentlichen auf die von den Wärmepumpen ausgehenden Geräuschimmissionen abgestellt haben, während die Gerichte, die eine gebäudegleiche Wirkung verneint haben, sich vor allem auf die geringe Größe von Wärmepumpen gestützt haben. Insofern steht also in Streit, welche Relevanz Geräuschimmissionen für die gebäudegleiche Wirkung zukommt.

Gebot der Rücksichtnahme

Unabhängig von Abstandsflächen kann man gegen Lärmimmissionen auch mithilfe des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme vorgehen. Sinn und Zweck dieses Gebots ist es, Spannungen und Störungen, die von verschiedenen Grundstücksnutzungen ausgehen, zu vermeiden. In jüngerer Zeit gab es Gerichtsentscheidungen, die sich unabhängig von Abstandsflächen mit Lärmimmissionen von Wärmepumpen auseinandergesetzt haben, allerdings konnte in diesen Verfahren kein Verstoß gegen Lärmgrenzwerte festgestellt werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 7. Juni 2023 – 2 Bs 38/23; VG Karlsruhe, Beschl. v. 13. Juli 2023 – 2 K 712/23).

Grundsätzlich sind Geräuschimmissionen für Wärmepumpen an § 22 BImSchG zu messen. Nach Absatz 1 müssen sie so errichtet und betrieben werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind nach dem Stand der Technik zudem auf ein Mindestmaß zu beschränken. Ob dies der Fall ist, bemisst sich für Lärmimmissionen nach der TA Lärm. Diese setzt für jedes Wohngebiet einzelne Lärmgrenzwerte fest. In der Praxis kommt es hier jedoch häufig zu Streitigkeiten über die genaue Lärmmessung, was im Ergebnis häufig dazu führt, dass ein Verstoß gegen Grenzwerte nicht festgestellt werden kann.

Praxishinweis

Der Aufbau von Wärmepumpen kann zu Streitigkeiten mit Nachbarn führen. Möchte man diese vermeiden, empfiehlt es sich, insbesondere das Abstandsflächengebot einzuhalten.

Sofern der betroffene Eigentümer gegen potenziell illegal aufgestellte Wärmepumpen vorzugehen beabsichtigt, empfiehlt es sich zu prüfen, ob für die – grundsätzlich isolierte verfahrensfreie Aufstellung der Wärmepumpe – ausnahmsweise eine Baugenehmigung unter Einschluss einer Wärmepumpe erteilt wurde und der Aufstellungsort von der Baugenehmigung gedeckt ist. Gegen die Baugenehmigung kann nur so lange vorgegangen werden, bis sie bestandskräftig geworden ist. Auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche können nur bis zur Bestandskraft der Baugenehmigung durchgesetzt werden (BGH, Urt. v. 28. Januar 2022 – V ZR 99/21).

Ist hingegen die Wärmepumpe verfahrensfrei errichtet worden bzw. nicht als Teil einer Baugenehmigung kann der betroffene Eigentümer gegen die Errichtung der Wärmepumpe – grundsätzlich zeitlich unbegrenzt in den Grenzen der Verwirkung – auf verwaltungsrechtlichem oder auf zivilrechtlichem Weg vorgehen.   

Autor

Camillo Gaul
Tel: +49 170 377 09 12

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.