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28. Auszug aus der Datenbank mit IFRS-Durchsetzungsentscheidungen veröffentlicht

Am 9. Oktober veröffentlichte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) den 28. Auszug aus ihrer vertraulichen Datenbank, in der die Entscheidungen der Durchsetzungsbehörden im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Zusammenhang mit der Anwendung der IFRS erfasst sind. Die Veröffentlichung ist hier verfügbar.

Mit diesen in unregelmäßigen Abständen vorgenommenen Veröffentlichungen verfolgt die ESMA bekanntlich zwei Ziele:

  • Sie will die aufsichtliche Konvergenz zwischen den 38 nationalen Aufsichts- und Regulierungsbehörden des Europäischen Wirtschaftsraums, die an den
    EECS teilnehmen, stärken und
  • sie will Abschlussersteller und -adressaten über die angemessene Anwendung von IFRS laut EECS informieren.

Die ESMA weist jedoch darauf hin, dass die veröffentlichten Entscheidungen

  • keine Interpretationen der IFRS sind, die weiterhin in der Zuständigkeit des IFRS IC liegen, und
  • auf den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Abschlusses geltenden IFRS-Anforderungen beruhen und durch spätere Änderungen des IFRS-Rahmenwerks überholt werden können.

Alle von der ESMA als Auszüge aus der
EECS-Datenbank veröffentlichten Entscheidungen sind in einem Dokument zusammengefasst. Dieses Dokument, das die bis Oktober 2021 veröffentlichten Entscheidungen beinhaltet, ist hier abrufbar.

Die in diesem 28. Auszug veröffentlichten neun Entscheidungen betreffen Abschlüsse aus den Jahren 2017, 2018, 2021 und 2022 und beziehen sich auf folgende Themen:

Betroffene Entscheidung

Kurzbeschreibung

IFRS 3:
Earn-out-Klauseln bei einem Unternehmenszusammenschluss

Earn-out-Klauseln im Zusammenhang mit Unternehmenserwerben, die Zahlungen vorsehen, die vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses des ehemaligen Eigentümers mit dem Unternehmen abhängen, stellen eine Vergütung für Leistungen nach dem Erwerb dar (d. h. Personalaufwand) gemäß IFRS 3.52b und IFRS 3.B55a.

IFRS 3/IAS 32:
Bilanzierung von Put-Optionen aus einem Unternehmenszusammenschluss

Im Rahmen eines Unternehmenserwerbs erhielten die Altgesellschafter Put-Optionen. Bei vorzeitigem Verlassen des Unternehmens seitens des Altgesellschafters könnten die Put-Optionen nur mit einem Abschlag (d. h. zu einem geringeren Preis) ausgeübt werden. Die Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Put Option bei Verbleib im Unternehmen und deren Ausübungpreis bei vorzeitigem Verlassen  ist als separate Transaktion zu erfassen und stellt eine Vergütung für die nach dem Erwerb zu erbringende Arbeitsleistung des Altgesellschafters dar (IFRS 3.B55a). Die nach IAS 32.23 erfasste Verbindlichkeit ist somit um diesen.

IAS 38:
Ansatz und Bewertung von Verbreitungsrechten

Ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche hat einen Fünfjahresvertrag über den Erwerb nicht exklusiver Rechte zur Ausstrahlung bestimmter Sportkanäle erworben. Der Ansatz eines immateriellen Vermögenswertes nach IAS 38 für die Ausstrahlungsrechte von Sportereignissen ist möglich und ist im Jahr des Erwerbs (anstelle der Aktivierung zu Beginn jeder Sportsaison) unter gleichzeitiger Bilanzierung einer Verbindlichkeit für alle vertraglichen Zahlungen anzusetzen.

IFRS 15:
Prinzipal-Agenten-Analyse

In Übereinstimmung mit der IFRS IC-Agendaentscheidung Principal versus Agent: Software Reseller vom Mai 2022 handelt ein Softwarehändler als Agent, da dieser die Softwarelizenzen vor Übertragung an den Kunden nicht kontrolliert (IFRS 15.B34A).

IFRS 9:
Own-Use-Ausnahme

Für Verträge zur physischen Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien für den eigenen Nutzungsbedarf des bilanzierenden Unternehmens wurde die Anwendung des IFRS 9.2.4 own use exemption (Own-Use-Ausnahme) überprüft. Bei dem geprüften Fall unterschreitet das Volumen der vereinbarten Stromlieferungen den Energiebedarf des Unternehmens, sodass die gesamte gelieferte Strommenge immer vollständig für den Eigenbedarf verbraucht wurde und das Kriterium des IFRS 9.2.4 als erfüllt angesehen wurde.

IFRS 7:
Angaben zu Sicherungsbeziehungen

Die Entscheidung bezieht sich auf Angaben zur Sicherungsbeziehung bei einem Unternehmen, die eine zukünftig hochwahrscheinliche Emission einer festverzinslichen Anleihe mit Zins-swaps absicherte. Es wurden unzureichende Informationen nach IFRS 7.21A und IFRS 7.22A zur Risikomanagementstrategie sowie zur Bestimmung der ökonomischen Beziehung zwischen Grundgeschäft und Sicherungsinstrument (IFRS 7.22B) bemängelt.

IFRS 16:
Angaben zu Leasingverhältnissen

Die Entscheidung betrifft ein IT- und Managementberatungsunternehmen, das im Rahmen von Leasingverhältnissen Nutzungsrechte für Büroflächen und Fahrzeuge in der Bilanz ausgewiesen hat. Die Nutzungsrechte betrafen über 10 % der gesamten Vermögenswerte; dabei wurden fehlende Angaben in Bezug auf Zugänge zu Nutzungsrechten (IFRS 16.53h) und in Bezug auf die gesamten Zahlungsmittelabflüsse aus Leasingverhältnissen (IFRS 16.53g) festgestellt.

IFRS 10:
Kein Verlust der Beherrschung über ein Tochterunternehmen

Trotz eines Verkaufs von 60 % der Anteile an einem Tochterunternehmen, das vormals zu 100 % bei dem Mutterunternehmen konsolidiert wurde, ist kein Verlust der Beherrschung seitens des Mutterunternehmens festgestellt worden. Dies ist u. a. auf spezifische vertragliche Bestimmungen zurückzuführen, die keine substanziellen Rechte darstellen, die dem Erwerber ermöglichen könnten, die Entscheidungen über die relevanten Aktivitäten zu treffen. Es handelte sich lediglich um Schutzrechte gemäß IFRS 10.14 und IFRS 10.B26-B28.

IFRS 10/IFRS 11:
Beherrschung vs. gemeinschaftliche Führung

Im vorliegenden Fall nahm das Unternehmen fälschlicherweise an, dass eine gemeinschaftliche Führung vorliege. Stattdessen liegt jedoch eine Beherrschung vor und folglich ein Mutter-Tochter-Verhältnis. Begründet wird dies durch das Vorliegen potenzieller Stimmrechte aus einer Kaufoption weiterer Anteile sowie anderer substanzieller Rechte, u. a. aus Stimmrechten im Management Board.

ESMA veröffentlicht Prüfungsschwerpunkte für IFRS-Abschlüsse 2023

Am 25. Oktober 2023 veröffentlichte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) auf ihrer Website die europäischen Prüfungsschwerpunkte für das Geschäftsjahr 2023 betreffende IFRS-Abschlüsse. Genau wie 2022 spielen Informationen über klimabezogene Themen sowie die Auswirkungen des derzeitigen makroökonomischen Umfeldes in den Empfehlungen der ESMA zu IFRS-Abschlüssen eine große Rolle. Hingewiesen wird zudem darauf, wie wichtig die Konsistenz von finanziellen und nichtfinanziellen Informationen ist. Die Empfehlungen beschäftigen sich darüber hinaus auch mit dem Inkrafttreten von IFRS 17 Versicherungsverträge sowie der Änderung an IAS 12 Ertragsteuern, bedingt durch die Einführung der globalen Mindestbesteuerung Pillar 2. Ferner enthalten die Empfehlungen der ESMA einige Hinweise auf alternative Leistungskennzahlen (Alternative Performance Measures, APM) sowie die elektronische Berichterstattung (European Single Electronic Format, ESEF). Die gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte enthalten im Übrigen ein Kapitel, das sich speziell auf nichtfinanzielle Erklärungen bezieht.

Die Empfehlungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung sind in drei Bereiche gegliedert: (i) Angaben nach Artikel 8 der Taxonomieverordnung, (ii) klimabezogene Angaben inklusive der Maßnahmen und Fortschritte sowie (iii) Angaben im Zusammenhang mit Scope-3-THG-Emissionen.

Alle gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte der ESMA für das Geschäftsjahr 2023 betreffende IFRS-Abschlüsse sind hier abrufbar.

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Prüfungsschwerpunkte finanzielle Berichterstattung

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Klimabezogene Berichterstattung

Die Prüfungsschwerpunkte der ESMA im Bereich der klimabezogenen Aspekte in den IFRS-Abschlüssen sind ab dem Jahr 2021 dauernd vertreten. Folglich greift die ESMA die Empfehlungen und die Anforde­rungen in Bezug auf klimabezogene Sachverhalte aus den Prüfungsschwerpunkten für Finanzberichte aus den beiden vorangegangenen Jahren sowie aus der Veröffentlichung „Effects of climate-related matters on financial statements“ (hier abrufbar) des IASB auf und weist darauf hin, dass die früheren Empfehlungen für die Finanzberichterstattung 2023 weiterhin anwendbar sind. Ferner verweist die ESMA auch auf ihren in 2023 veröffentlichten Benchmark-Report „The Heat is On: Disclosures of Climate-Related Matters in the Financial Statements“ (hier abrufbar), der praktische Beispiele enthält, wie Unternehmen ihre Angaben zu klimabezogenen Sachverhalten verbessern können.

Die ESMA erinnert Unternehmen daran, auf die Konsistenz zwischen der Darstellung von Ermessensentscheidungen und Schätzungen im IFRS-Abschluss und im Lagebericht sowie anderen Informationsquellen zu den Folgen von klimabezogenen Risiken und Chancen zu achten. Diese Konsistenz hat nach Ansicht der ESMA wesentliche Bedeutung, um das Risiko von Greenwashing zu verhindern.

Die Unternehmen sollten bei klimabezogenen Zusagen bzw. Zielen wie der Reduzierung von Treibhausgasen oder Plänen zur Dekarbonisierung den Zeitplan und die finanziellen Auswirkungen geplanter Investitionen und die Pläne zur Zielerreichung darstellen. Zudem sollte auch jede Abweichung zwischen den für die Wertminderungsprüfung verwendeten Annahmen (einschließlich der Sensitivitätsanalysen) und den klimabezogenen Verpflichtungen und Strategien erklärt werden.

Emissionshandelssysteme und Zertifikate für erneuerbare Energien

Unternehmen sollten Informationen zur bilanziellen Behandlung und zu den Auswirkungen von Emissionshandelssystemen und Zertifikaten für erneuerbare Energien auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darstellen. Abhängig von der lokalen Gesetzgebung in Bezug auf den Erwerb einer Anzahl von Treibhausgaszertifikaten sind die Unternehmen gegebenenfalls zur Bildung einer Rückstellung verpflichtet, wenn die Verpflichtung über die Zahl der im Besitz des Unternehmens befindlichen Treibhauszertifikate hinausgeht.

Wertminderungstest für nichtfinanzielle Vermögenswerte

Unternehmen sollten bei der Durchführung des Wertminderungstests gem. IAS 36 klimabezogene Risiken berücksichtigen. Dabei sollten die Unternehmen:

  • beurteilen, ob Indikatoren für eine Wertminderung im Zusammenhang mit dem Klimawandel oder mit klimabezogenen Verpflichtungen vorliegen;
  • evaluieren, ob neue Schlüsselannahmen in Bezug auf das Klima vorliegen (wie z. B. Änderungen im Energiemix, beim CO2-Preis oder den Kosten für den Ersatz bestimmter Vermögenswerte). Wenn solche Annahmen identifiziert werden, erwartet die ESMA von den Unternehmen, dass sie den Wert, der der Schlüsselannahme für die aktuelle Periode und für die zukünftigen Prognosen zugewiesen wurde, sowie die internen und externen Quellen, die zur Berechnung dieser Annahmen verwendet wurden, offenlegen. Hierbei ist gemäß IAS 36 externen Quellen mehr Gewicht beizumessen als internen Quellen;
  • erläutern, wie sich klimabezogene Sachverhalte auf die im Geschäftsplan verwendeten Annahmen, den über den Geschäftsplan hinausgehenden Zeitraum und die zur Berechnung des Nutzungswerts verwendeten finanziellen Annahmen (z. B. den Abzinsungssatz und die Wachstumsrate) auswirken.

Energielieferverträge / Power Purchase Agreements (PPAs)

Angesichts der zunehmenden Verwendung von PPAs sollen betroffene Unternehmen:

  • die Merkmale bzw. Ausgestaltung von PPAs darstellen (z. B. Preiskonditionen, vertraglich vereinbarte Energiemenge, Ziele und Laufzeit) sowie die
  • bilanzielle Behandlung der PPAs darstellen (z. B., ob die Ausnahmeregelung des IFRS 9.2.4 gegeben ist).

Spezifische Überlegungen für Finanzinstitute

Die ESMA erwartet, dass die Finanzinstitute Informationen über ihr Engagement im Bereich der sog. grünen Finanzierungen, wie z. B. ESG-gebundene Darlehen, angeben. Solche Angaben sollen die wichtigsten Merkmale der Finanzinstrumente beinhalten, wie z. B. die Buchwerte, die Laufzeiten, die Umweltkriterien, die Sensitivität und die Auswirkungen auf die Zahlungsströme, die spezifischen Risiken, die mit diesen Instrumenten verbunden sind, sowie die Verfahren zu ihrer Messung und Steuerung. Dadurch sollten Abschlussadressaten in die Lage versetzt werden, die Art und das Ausmaß der spezifischen mit diesen Finanzinstrumenten verbundenen Risiken einschätzen zu können.

Schließlich sollen Finanzinstitute die Auswirkungen des Klimarisikos in die Ermittlung der erwarteten Kreditverluste (ECL) einbeziehen und diesbezüglich transparente Angaben machen.

Auswirkungen des makroökonomischen Umfelds

Bemessung des beizulegenden Zeitwerts und Angaben

Die ESMA erkennt an, dass das derzeitige wirtschaftliche Umfeld weiterhin von verschiedenen Unsicherheitsfaktoren beeinflusst wird (z. B. geopolitische Krisen, hohe Zinssätze, Abschwächung des Immobilienmarktes und der Wirtschaft im Allgemeinen). Folglich erwartet die ESMA, dass sich die aktuellen makroökonomischen Bedingungen in der Bewertung des beizulegenden Zeitwertes (insbesondere auf Stufe 3) und in den bereitgestellten Angaben widerspiegeln.

Hat sich ein Unternehmen dafür entschieden, als Finanzinvestition gehaltene Immobilien nach IAS 40 Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, erwartet die ESMA, dass die Bewertungsmethoden und die wichtigsten Annahmen im Anhang beschrieben werden, ebenso wie jede Änderung der Bewertungsmethoden oder Annahmen. Diese Empfehlungen ergeben sich aus der jährlichen Überprüfung der Abschlüsse von Immobilien-Investmentgesellschaften durch die ESMA, die in einigen Fällen Unzulänglichkeiten aufwiesen.

Zudem weist die ESMA darauf hin, dass die Einbindung eines Gutachters zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts ein Unternehmen nicht von seiner Verantwortung entbindet, sicherzustellen, dass die Anforderungen des IFRS 13 Bemessung des beizulegenden Zeitwerts eingehalten werden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen makroökonomischen Lage sollte die Anforderung gemäß IFRS 7.25, die sich auf die Angabe des beizulegenden Zeitwerts für jede Klasse von finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten bezieht, einschließlich derjenigen, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, besonders sorgfältig erfüllt werden.

Die Bedeutung dieser Angaben ist insbesondere für Unternehmen, die aufgrund ihres Liquiditätsbedarfs gezwungen sein könnten, finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen, um zusätzliche Liquidität zu generieren, von Bedeutung.

Anstieg der Zinssätze und Auswirkungen auf die (Re-)Finanzierung

Da höhere Zinssätze den Zugang zu Krediten einschränken, erwartet die ESMA, dass die Unternehmen detailliertere Informationen zum Liquiditätsrisiko und zur Verschuldung vorlegen. Die ESMA betont insbesondere, wie wichtig es ist, Einzelheiten zu den Merkmalen der wesentlichen finanziellen Verbindlichkeiten, den Bedingungen der Kreditvereinbarungen, den Auswirkungen und dem Risiko potenzieller Verstöße gegen die Kreditvereinbarungen sowie den im Laufe des Jahres neu verhandelten Verbindlichkeiten und ihrer bilanziellen Behandlung vorzulegen.

Liquiditätsrisiken

Die ESMA erinnert die Unternehmen auch daran, dass sie gemäß IFRS 7.39 in einem ersten Schritt eine Fälligkeitsanalyse sowohl für die nicht derivativen als auch für derivativen Verbindlichkeiten vorlegen müssen. Im zweiten Schritt müssen die Unternehmen dann beschreiben, wie sie das mit diesen Verbindlichkeiten verbundene Liquiditätsrisiko steuern.

Ferner ist darauf zu achten, dass in volatilen Märkten ein erhöhtes Liquiditätsrisiko durch die Verpflichtung zur Bereitstellung zusätzlicher Sicherheiten im Zusammenhang mit Derivaten bestehen kann. Unternehmen sollten quantitative Angaben über die vereinbarte Besicherung vorlegen, die es den Abschlussadressaten ermöglichen, die Auswirkungen auf das Liquiditätsrisiko zu verstehen, einschließlich des Buchwerts der finanziellen Vermögenswerte, die als Sicherheiten für Verbindlichkeiten gestellt wurden, zusammen mit den Bedingungen für diese Besicherung (IFRS 7.14).

Macht ein Unternehmen in erheblichem Umfang von Factoring- oder Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen (Reverse Factoring) Gebrauch, empfiehlt die ESMA, dass die wichtigsten Bedingungen der Vereinbarungen und die Auswirkungen auf den Abschluss sowie die bei der Festlegung der bilanziellen Behandlung vorgenommenen Beurteilungen (z. B. hinsichtlich des Ausweises der Verbindlichkeiten und der Ausbuchung von Forderungen) offengelegt werden.

Schließlich fordert die ESMA Unternehmen auf, die in erheblichem Maße einem Zinsrisiko ausgesetzt sind (z. B. durch variabel verzinsliche Schuldtitel), ihre Sensitivitätsanalysen anzupassen, um die aktuelle Zinsvolatilität widerzuspiegeln.

Bilanzierung von Sicherungsgeschäften

Die ESMA weist darauf hin, dass das derzeitige wirtschaftliche Umfeld Auswirkungen auf die Fähigkeit der Unternehmen haben kann, die Kriterien für die Anwendung oder Aufrechterhaltung einer Sicherungsbeziehung zu erfüllen. Dies gilt insbesondere wenn a) es sich bei dem abgesicherten Grundgeschäft um eine hochwahrscheinliche künftige Transaktion handelt, b) das Ausfallrisiko der Gegenpartei des Sicherungsinstruments erhöht ist oder c) unvorhergesehene Abhebungen von Einlagen durch Bankkunden erhebliche Auswirkungen auf Macro-Sicherheitsbeziehungen haben, bei denen der Bottom-Layer-Ansatz angewandt wird. Die ESMA fordert die Unternehmen daher auf, im Anhang detaillierte Angaben zur Effektivität von Sicherungsbeziehungen und zu Sicherungsbeziehungen, die während der Berichtsperiode beendet wurden, zu machen.

Zusätzliche Themen

Erstmalige Anwendung von IFRS 17 Versicherungsverträge

IFRS 17 Versicherungsverträge ist seit dem 1. Januar 2023 in Kraft, und viele Versicherungsunternehmen haben die Anwendung von IFRS 9 Finanzinstrumente auf dasselbe Datum verschoben.

Die ESMA betont die Notwendigkeit von transparenten Angaben hinsichtlich des Umstellungseffekts und verweist die Unternehmen auf ihre öffentliche Stellungnahme vom 13. Mai 2022 (hier abrufbar), die sich mit den von den Unternehmen bei der Umsetzung von IFRS 17 vorzulegenden Angaben befasst, sowie auf eine ähnliche öffentliche Stellungnahme (hier abrufbar), die sie 2016 vor der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 veröffentlicht hat.

Änderung an IAS 12 Ertragsteuern: globale Mindestbesteuerung Pillar 2

Die ESMA weist darauf hin, dass die Ausnahme zum Ansatz latenter Steuern aus der Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung Pillar 2 verpflichtend anzuwenden ist. Zudem sind in Perioden, in denen eine Gesetzgebung zwar (im Wesentlichen) beschlossen, jedoch noch nicht in Kraft getreten ist, qualitative und quantitative Informationen offenzulegen, um den Abschlussadressaten eine Einschätzung der Auswirkungen bzw. der daraus resultierenden Ertragsteuern zu ermöglichen.

Prüfungsschwerpunkte nichtfinanzielle Berichterstattung

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Angaben im Zusammenhang mit Artikel 8 der Taxonomieverordnung

Empfehlungen aus dem ESMA-Bericht über die Taxonomie-Meldepraxis im Geschäftsjahr 2022

Im Anschluss an ihre früheren Empfehlungen hat die ESMA eine Bestandsaufnahme der Berichtspraktiken im Rahmen der Taxonomieverordnung für das Geschäftsjahr 2022 durchgeführt. In diesem Zeitraum mussten Unternehmen (Finanzinstitute sind dadurch nicht betroffen) zum ersten Mal nicht nur die Taxonomie-Fähigkeit, sondern auch die Taxonomie-Konformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten im Hinblick auf die Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele veröffentlichen. Die Bestandsaufnahme ermöglichte es der ESMA, Versäumnisse und Unzulänglichkeiten sowohl in Bezug auf (i) die Übereinstimmung der Berichterstattung mit den neuen Anforderungen des Delegierten Rechtsakts nach Artikel 8 als auch (ii) die Transparenz der von den Unternehmen durchgeführten Analysen zu ermitteln.

In diesem Zusammenhang erinnert die ESMA die Unternehmen an die folgenden wesentlichen Grundsätze:

  • Die in Anhang II des Delegierten Rechtsakts zur Offenlegung nach Artikel 8 enthaltenen Meldebögen sind zwingend zu verwenden, und zwar ohne Anpassungen oder Änderungen;
  • in Fällen, in denen eine Wirtschaftstätigkeit wesentlich zu mehreren Umweltzielen beiträgt, ist eine Doppelzählung bei der Berechnung der gemäß Taxonomieverordnung offenzulegenden Kennzahlen (Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben) zu vermeiden. In solchen Fällen unterstreicht die ESMA, dass qualitative Informationen bereitgestellt werden müssen, um die Transparenz zu gewährleisten;
  • die Notwendigkeit, die qualitativen und quantitativen Informationen zu den drei Kennzahlen (d. h. den Umsatzerlösen, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben) zu verbessern. Die ESMA fordert daher von den Unternehmen die Angabe von klaren, umfassenden und unternehmensspezifischen Erläuterungen sowie die
  • Transparenz hinsichtlich der Investitionspläne, insbesondere vor dem
    Hintergrund einer Ausweitung der an der Taxonomie ausgerichteten Wirtschaftstätigkeiten.

Schließlich weist die ESMA die Unternehmen darauf hin, dass die Taxonomieverordnung das Weglassen von Informationen über Kennzahlen nicht zulässt. Eine Ausnahme betrifft die Betriebsausgaben (OPEX), wenn diese in spezifischen und hinreichend begründeten Fällen nicht wesentlich sind.

Neue EU-Taxonomiekriterien und damit verbundene Offenlegungen

Die ESMA weist darauf hin, dass die Europäische Kommission am 27. Juni finale delegierte Rechtsakte zur Ergänzung der Taxonomieverordnung erlassen hat. Die damit verbundenen Berichtspflichten gelten ab dem 1. Januar 2024 (über das Berichtsjahr 2023).

Die ESMA stellt heraus, dass diese delegierten Rechtsakte (i) Aktualisierungen der verpflichtenden Meldebögen enthalten, (ii) neue Kriterien für die ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel) festlegen und (iii) die technischen Bewertungskriterien für Tätigkeiten einführen, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der vier anderen Umweltziele leisten, wodurch die Offenlegungsanforderungen erweitert werden.

Abschließend erinnert die ESMA die Unternehmen an die zahlreichen Ressourcen, die ihnen bei der Erstellung ihrer Taxonomie-Berichterstattung zur Verfügung stehen, insbesondere

  • die von der Europäischen Kommission veröffentlichten FAQ (hier verfügbar);
  • die Website zum EU Taxonomy Navigator (hier verfügbar), die bei der Navigation durch die verschiedenen technischen Bewertungskriterien hilft, die zur Bewertung der Eignung und Anpassung der Taxonomie verwendet werden; sowie
  • die Leitlinien der ESMA zur Meldung alternativer Leistungskennzahlen (APM), die im April 2022 durch die Hinzufügung der Fragen 19 und 20 aktualisiert wurden und weiterhin gelten (hier verfügbar).

Offenlegung von klimabezogenen Zielen, Maßnahmen und Fortschritten

Allgemeine Hinweise

Im Einklang mit ihren früheren Empfehlungen betont die ESMA weiterhin die Bedeutung einer erhöhten Transparenz bei der Berichterstattung über klimabezogene Themen, insbesondere angesichts der bevorstehenden zusätzlichen Berichtspflichten gemäß der Corporate Sustainability Repor-ting Directive (CSRD).

Die ESMA betont, wie wichtig es ist zu klären, (i) wie die klimabezogenen Ziele miteinander verknüpft sind und dazu beitragen, vorgegebene unternehmensspezifische oder öffentliche Ziele zu erreichen, und (ii) ob sie auf wissenschaftlichen Daten beruhen.

Die ESMA weist auch auf die Notwendigkeit hin, klare Angaben zu den Fortschritten bei der Erreichung der Ziele im Vergleich zu den in einem bestimmten Basisjahr festgelegten Zielwerten zu machen.

Die ESMA erinnert die Unternehmen auch daran, dass sie Informationen über die Methoden und Annahmen, die diesen Zielen zugrunde liegen, sowie über den Umfang der Tätigkeiten und die Unternehmen, die sie abdecken, vorlegen müssen. Dabei ist anzugeben, ob sie die eigenen Tätigkeiten des Unternehmens, seine Wertschöpfungskette oder beides betreffen.

Die ESMA betont, wie wichtig es ist, Ziele als Teil einer umfassenderen Strategie in Verbindung mit Richtlinien und Umsetzungsmaßnahmen festzulegen, damit die Wirksamkeit bewertet und etwaige Überarbeitungen dieser Ziele veranlasst werden können. Sie ermutigt die Unternehmen, (i) zu erklären, warum sie bestimmte klimabezogene Ziele ausgewählt haben, und (ii) die Beziehung zwischen den Zielen und einem vordefinierten strategischen Ziel zu erläutern, indem sie insbesondere eine Beschreibung der Maßnahmen und Meilensteine vorlegen, die zur Erreichung dieser Ziele eingeführt wurden.

Schließlich unterstreicht die ESMA, wie wichtig es ist offenzulegen, wie klimabezogene Ziele überwacht und überprüft werden.

Die ESMA hebt zudem die Rolle hervor, die die Verwendung von Zielvorgaben bei der Erläuterung der Umstellung der Unternehmen zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen spielt.

Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen

Die ESMA weist die Unternehmen darauf hin, in ihrer Berichterstattung über die Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen auf die folgenden zentralen Punkte einzugehen:

  • Erläuterung, wie die Ziele des Unternehmens und die zugrunde liegenden Annahmen mit den allgemein anerkannten europäischen und internationalen Zielen vereinbar sind, insbesondere mit dem Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen;
  • Angabe, welche Emissionsbereiche und -kategorien von diesen Zielen abgedeckt werden und insbesondere, ob auch Scope-3-Emissionen berücksichtigt werden;
  • Erläuterungen zu den identifizierten
    Hebeln zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und die damit verbundenen Implikationen auf das Produkt- und Dienstleistungsportfolio;
  • Offenlegung der finanziellen Ressourcen und Investitionen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind (z. B. die für die Umsetzung der Maßnahmen erforderlichen Investitionsausgaben);
  • Offenlegung der potenziellen Übergangsrisken und der enthaltenen Treibhausgasemissionen aus den wichtigsten Vermögenswerten und Produkten des Unternehmens.

Scope-3-Emissionen

Hinweise zu Angabepflichten

In ihren Empfehlungen für 2022 hat die ESMA auf eine Reihe von Punkten im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Scope-3-Treibhausgasemissionen aufmerksam gemacht. Die Bedeutung dieser Punkte wird weiter unterstrichen durch (i) die Schlussfolgerungen des ESMA-Berichts über die Enforcement- und Regulierungstätigkeiten der Unternehmensberichterstattung, die im März 2023 veröffentlicht wurde und hier verfügbar ist; (ii) die Bedeutung dieser Angaben für die Entscheidungsfindung von Investoren in Bezug auf nachhaltige Investitionen und (iii) die erweiterten Offenlegungsanforderungen, die durch die CSRD eingeführt werden sollen. In den diesjährigen Empfehlungen wiederholt die ESMA diese Punkte und weist die Unternehmen darauf hin:

  • zu prüfen, ob die Berichterstattung über Treibhausgasmissionen als vollständig angesehen werden kann, wenn keine Angaben zu Scope-3-Emissionen gemacht werden. Wenn ein Unternehmen zu dem Schluss kommt, dass seine Scope-3-Emissionen nicht wesentlich sind, empfiehlt die ESMA, dies anzugeben und die dieser Schlussfolgerung zugrunde liegenden wesentlichen Beurteilungen zu erläutern;
  • die Kategorien der Scope-3-Emissionen transparent darzustellen, sofern diese Emissionen wesentlich sind, einschließlich der Gründe für den Ausschluss bestimmter Kategorien bei der Ermittlung der Emissionen (sofern relevant) und der quantitativen Auswirkungen;
  • Transparenz in Bezug auf die Darstellung der angewandten Berechnungsmethoden für die berichteten Kategorien von Scope-3-Emissionen zu wahren, einschließlich der Schätzungen und zugrunde liegender Annahmen;
  • die Bruttobeträge der Treibhausgasemissionen getrennt von den Auswirkungen der Verwendung von Emissionsgutschriften oder anderen Maßnahmen (wie z. B. Ausgleich oder Speicherung) offenzulegen;
  • Vergleichsinformationen mit Erläuterungen zu den Faktoren, die zu Veränderungen bei den Emissionen im Vergleich zu früheren Zeiträumen geführt haben, anzugeben;
  • zusätzliche Aufschlüsselungen von Scope-3-Emissionen nach Geschäftsbereichen oder geografischen Gebieten vorzunehmen.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem IFRS-Newsletter 1-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.