Homeoffice-Vereinbarungen und die Möglichkeiten ihrer Beendigung – das Kündigungsrecht für Arbeitgeber

Telearbeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten sind fester Bestandteil in der betrieblichen Praxis einer Vielzahl von Unternehmen. Zumeist sind die Ausgestaltung der Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers sowie die konkrete Anzahl von Tagen, an denen Telearbeit verrichtet, im Homeoffice bzw. mobil gearbeitet werden darf, bereits Gegenstand in Vorstellungsgesprächen mit potenziellen künftigen Arbeitnehmern.

Es kommt zudem immer mehr vor, dass Arbeitnehmer zu 100 % remote arbeiten und ihr Arbeitsort bereits von Beginn an nicht die Betriebsstätte des Arbeitgebers ist.

Zu wissen, an wie vielen Tagen von zu Hause aus oder mobil gearbeitet werden darf, ist für Arbeitnehmer nicht selten ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers, und die Frage, an wie vielen Tagen außerhalb der Betriebsstätte gearbeitet werden darf, sorgt immer wieder für nicht unerheblichen Abstimmungsbedarf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Insbesondere dann, wenn sich Arbeitgeber eine vermehrte Tätigkeit von Arbeitnehmern in der Betriebsstätte wünschen.

Arbeitgeber sollten aufgrund der großen Bedeutung dieser Formen der Tätigkeit außerhalb ihrer Betriebsstätte besonderen Wert darauf legen, rechtssichere Regelungen in ihren Arbeitsvertragsmustern zum Thema Telearbeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten bereitzuhalten bzw. bei einer Gestaltung im laufenden Arbeitsverhältnis entsprechende Regelungen in Zusatzvereinbarungen aufzunehmen.

Erfordernis (arbeits-)vertraglicher Gestaltung der Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte

Auch aktuell enthalten trotz des erhöhten Aufkommens von Arbeit außerhalb der Betriebsstätte längst nicht alle Arbeitsverträge Regelungen zu einer Tätigkeit des Arbeitnehmers im Home- bzw. Mobile Office (mobile Arbeit). Dies kann über einen längeren Zeitraum unproblematisch sein, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich der Arbeitgeber dazu entscheidet, die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Homeoffice zu beenden und ihn in den Betrieb „zurückzuholen“.

Nicht selten haben Arbeitgeber hierfür gute Gründe. Fehlt es in einem solchen Fall jedoch an einer vertraglichen Regelung, so sind Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schnell vorprogrammiert und können unter Umständen in gerichtlichen Auseinandersetzungen enden.

Daher sollte besonderer Wert auf die vertragliche Ausgestaltung gelegt werden. Wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits feststeht, dass ein Arbeitnehmer im Homeoffice oder mobil tätig werden soll, dann sind zwingend frühzeitig vertragliche Regelungen zu schaffen. Ergibt sich eine Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Homeoffice heraus erst im Nachhinein, so kann unproblematisch auch mit einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag gearbeitet werden.

Wichtig ist allein, dass überhaupt eine vertragliche Regelung getroffen wird und man rechtliche Fragen zur Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte nicht mangels vertraglicher Gestaltung unbeantwortet lässt.

Keine vertragliche Regelung zur Tätigkeit im Homeoffice und deren Beendigung

Für den Fall, dass vertraglich keine Regelung zur Tätigkeit im Homeoffice bzw. zu mobiler Arbeit getroffen wurde, Arbeitnehmer rein faktisch aber aus dem Homeoffice und mobil arbeiten, steht dem Arbeitgeber allein sein Direktionsrecht gem. § 106 GewO zur Verfügung, wenn er den Arbeitsort wieder ändern möchte.

Nach § 106 S. 1 GewO kann der Arbeitgeber unter anderem den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen selbst bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, die Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt wird.  

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts umfasst sein Weisungsrecht auch das Recht, eine einmal erteilte Weisung mit Wirkung für die Zukunft wieder zurückzunehmen oder zu ändern. Ob die Weisung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, künftig die Arbeitsleistung wieder in den Büroräumen zu erbringen, rechtmäßig ist, bestimmt sich neben der Festlegung durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag und Gesetz danach, ob die Anordnung billigem Ermessen im Sinne des § 106 GewO entspricht.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, seine Weisung, wonach der Arbeitnehmer die Tätigkeit im Homeoffice erbringen kann, zu ändern, wenn sich beispielsweise betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprechen (BAG, Urt. v. 26. August 2021 – 3 SaGa 13/21).

Die Entscheidung des Arbeitgebers unterliegt in diesen Fällen jedoch billigem Ermessen, das heißt einer angemessenen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen.

Dies zeigt bereits, dass eine vertragliche Regelung – sofern sie den Anforderungen der Rechtsprechung genügt – für deutlich mehr Klarheit in Bezug auf die Beendigung einer Tätigkeit im Homeoffice bzw. mobiler Arbeit sorgen würde als gar keine vertragliche Ausgestaltung.

Vertragliche Regelung zur Tätigkeit im Homeoffice ohne Vereinbarung einer Beendigungsmöglichkeit

Befinden sich in einem Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag Regelungen zur Tätigkeit im Homeoffice oder mobiler Arbeit, aber keine Bestimmungen zu deren Beendigung, so können Arbeitgeber eine entsprechende Tätigkeit der Arbeitnehmer von zu Hause aus nur im Rahmen einer Änderungskündigung beenden.

Diese unterliegt den Voraussetzungen der §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG. Eine Änderungskündigung muss durch das Vorliegen von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sein. Es werden hier geringere Anforderungen gestellt als an eine Beendigungskündigung, da eine Vertragsänderung im Vergleich zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses immer noch ein milderes Mittel darstellt.

Auch hier zeigt sich jedoch, dass die Anforderungen an die Beendigung der Tätigkeit aus dem Homeoffice bzw. mobiler Arbeit entsprechend hoch sind und den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes genügen müssen.

Homeoffice-Vereinbarung und Widerrufsrecht

Nicht selten enthalten Arbeitsvertragsmuster Regelungen zur Tätigkeit im Homeoffice und ein Recht zum Widerruf.

Widerrufsklauseln in Standardarbeitsverträgen müssen sich an § 307 BGB messen lassen. Eine Klausel, die dem Arbeitgeber beispielsweise voraussetzungslos das Widerrufsrecht in Bezug auf die Tätigkeit im Homeoffice einräumt, wird an § 307 BGB scheitern.

Nach der Rechtsprechung ist die Angabe von Widerrufsgründen erforderlich. Welche Anforderungen an die Nennung der Gründe zu stellen sind, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Einerseits stellt ein Senat des Bundesarbeitsgerichts die Anforderung auf, dass ein konkreter Sachgrund für den Widerruf im Text der Klausel selbst angegeben werden muss. Ein anderer Senat fordert lediglich, dass in der Widerrufsklausel die Richtung angegeben wird (wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers), aus der der Widerruf möglich sein soll.

Der Grad der Störung (beispielsweise wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, Rückgang bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung, unterdurchschnittliche Leistungen des Arbeitnehmers, schwerwiegende Pflichtverletzungen) erfordere nur dann eine Konkretisierung, wenn der Verwender hierauf abstellen wolle bzw. dies für den Umfang des Änderungsvorbehalts notwendig sei.

Allein an der weitreichenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Widerrufsvorbehalten zeigt sich, dass die Vereinbarung von Homeoffice bzw. mobiler Arbeit in Verbindung mit einem Widerrufsvorbehalt geeignet ist, für nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit zu sorgen, und daher gerade in Fällen der Beendigung von Tätigkeiten im Homeoffice nicht für die gewünschte Klarheit sorgt.

Homeoffice-Vereinbarung und zulässige Beendigung durch Kündigung

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat mit seinem Urteil vom 16. März 2023 (18 Sa 832/22) entschieden, dass eine Regelung, wonach eine Homeoffice-Vereinbarung kündbar ist, grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer schlossen zusätzlich zu dem bestehenden Arbeitsvertrag eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Homeoffice“. Inhaltlich vereinbarten sie, dass der Arbeitnehmer ab einem bestimmten Datum seine Tätigkeit im Wesentlichen in seiner Wohnung erbringen solle. Weiterhin wurde vereinbart, dass der Arbeitnehmer verpflichtet sei, je nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig zu werden. Die Parteien vereinbarten die

  • Möglichkeit der Kündigung dieser Zusatzvereinbarung unter Einhaltung der Schriftform und bei
  • Wahrung einer Frist von einem Monat.

Es kam, wie es kommen musste, und der Arbeitgeber kündigte die Zusatzvereinbarung über die Tätigkeit im Homeoffice. Das Arbeitsgericht Rheine gab dem Verlangen des Arbeitnehmers statt, der weiterhin die Beschäftigung an seinem Wohnsitz verlangte. Die Beendigung der Zusatzvereinbarung durch das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers gestützt auf § 7 Abs. 1, Abs. 2 der Zusatzvereinbarung sei unwirksam. Die Regelung in § 7 Abs. 1, Abs. 2 der Zusatzvereinbarung, welche beiden Parteien ein jederzeitiges Kündigungsrecht über die Vereinbarung der Tätigkeit im Homeoffice einräumt, verstoße gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. In der Ausgestaltung dieser Klausel liege eine unangemessene Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des § 106 S. 1 GewO. Daher fehle es an einer rechtswirksamen vertraglichen Vereinbarung zur Beendigungsmöglichkeit der Zusatzvereinbarung. Die in § 7 Abs. 1, Abs. 2 der Zusatzvereinbarung vereinbarte voraussetzungslose und grundlose Kündigungsmöglichkeit der Zusatzvereinbarung ohne Berücksichtigung der Interessen des Klägers benachteilige diesen entgegen Treu und Glauben unangemessen in dem beschriebenen Sinne.

Das Landesarbeitsgericht Hamm gab der Berufung des Arbeitgebers statt.

Die Vereinbarung der Kündbarkeit einer Zusatzvereinbarung zum Homeoffice – und damit auch einer entsprechenden Regelung im Arbeitsvertrag – unterliege nicht den besonderen Anforderungen, die das Kündigungsschutzgesetz aufstellt, so das Landesarbeitsgericht Hamm. Die Regelungen der kündbar gestellten Zusatzvereinbarung beziehen sich allein auf spezielle Abreden über den Ort der Arbeitsleistung, die kündigungsrechtlich nicht besonders geschützt sind, sondern dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO unterliegen.

Grundsätzlich ist eine Teilkündigung im Arbeitsrecht, die nur einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrags betrifft, unzulässig. Hintergrund ist hier, dass eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners nicht erfolgen soll.

Eine Teilkündigung einzelner arbeitsvertraglicher Regelungen kann aber zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu das Recht eingeräumt wird. Dies war vorliegend der Fall, die „Zusatzvereinbarung über die Tätigkeit im Homeoffice“ sah gerade die Möglichkeit der Kündigung vor. Die Änderung der Vertragsbedingungen erfolgte somit nicht gegen den Willen einer Vertragspartei, sondern war vielmehr bei Vertragsschluss bereits ausdrücklich zwischen diesen vereinbart worden.

Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass die Zulässigkeit der Teilkündigung mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder dass wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liege zudem nur dann vor, wenn ein rechtlich anerkanntes Interesse des Arbeitnehmers unangemessen beeinträchtigt wird, ohne dass dies durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird.

Die Vereinbarung der Beendigungsmöglichkeit im Wege der Kündigung wurde im vorliegenden Fall – so die Richter – sowohl den Interessen des Arbeitnehmers als auch denen des Arbeitgebers gerecht.

Dem Arbeitnehmer wird nach der Zusatzvereinbarung kein Anspruch auf eine ausschließliche Tätigkeit im Homeoffice eingeräumt. Die Zusatzvereinbarung legt auch nicht einen bestimmten Anteil der Tätigkeiten am häuslichen Arbeitsplatz im Verhältnis zur Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers fest. 

Praktischer Hinweis

Arbeitgeber sollten – je nach Vorkommen von Homeoffice-Tätigkeit in ihrem Betrieb – bereits in die von ihnen standardmäßig verwendeten Arbeitsverträge Klauseln zur Tätigkeit im Home- bzw. Mobile Office und deren Beendigung aufnehmen. Sollte sich ein solches Bedürfnis erst zu einem späteren Zeitpunkt ergeben, so müssen zwingend entsprechende Zusatzvereinbarungen geschlossen werden, um eine möglichst klare und handhabbare Regelung zu schaffen.

Von der Verwendung einer Widerrufsklausel sollte aufgrund der oben dargestellten Punkte abgesehen werden. Stattdessen empfehlen wir die Aufnahme einer Kündigungsmöglichkeit mit Vereinbarung einer angemessenen Frist. Im vorliegenden Fall wurde eine solche von einem Monat jedenfalls als ausreichend angesehen.

Wichtig ist für Arbeitgeber zudem, darauf zu achten, dass eine Weisung an den Arbeitnehmer hinsichtlich des neuen Arbeitsortes zu erfolgen hat. Auch diese ist nach billigem Ermessen zu treffen.

Bestehende Regelungen hinsichtlich der Vereinbarung von Telearbeit, Homeoffice und mobilem Arbeiten sollten hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Regelungen überprüft und ggf. angepasst werden.

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Autor

Dr. Philipp Wollert, LL. B.
Tel: +49 221 28 20 2531

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.