Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) und DAC-7-Richtlinie – Bedeutung für die Umsatzsteuer

Digitale Plattformen, auf denen Unternehmer aus dem In- und Ausland Umsätze abwickeln können, haben massiv an Bedeutung gewonnen. Für die Finanzbehörden ist dies eine große Herausforderung; derzeit wird vermutlich ein erheblicher Teil der Umsätze nicht besteuert. Dies liegt auch daran, dass der Austausch zwischen den Finanzbehörden verschiedener EU-Mitgliedstaaten noch nicht optimal funktioniert. Die EU ist dem mit der sogenannten DAC-7-Richtlinie begegnet, die in Deutschland durch das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) umgesetzt wurde, das seit dem 1. Januar 2023 gilt. Mit Schreiben vom 2. Februar 2023 hat das BMF zu einigen Zweifelsfragen Stellung genommen. Wir beleuchten die Querverbindungen zu den umsatzsteuerlichen Pflichten.

Was sind DAC 7 und PStTG und welche Pflichten werden dadurch begründet?

Die sog. DAC-7-Richtlinie ist die „Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU (der sog. Amtshilferichtline) über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung“. Es handelt sich also um die 7. Änderung der Amtshilferichtlinie.

Die Amtshilferichtlinie soll den Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten ein breiteres Instrumentarium für die Zusammenarbeit an die Hand geben, um Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung aufzudecken und zu bekämpfen.

Die Erweiterung der Amtshilferichtlinie durch DAC 7 erlegt den Plattformbetreibern bestimmte Sorgfalts- und Meldepflichten über Tätigkeiten der Nutzer ihrer Plattform gegenüber der zuständigen Finanzbehörde auf. Der Plattformbetreiber muss bestimmte Informationen über den Verkäufer erheben und überprüfen, vor allem zu den Umsätzen, die die Verkäufer über die Plattform generieren.

Die neuen Meldepflichten werden in Deutschland in dem seit 1. Januar 2023 geltenden Plattformen-Steuertransparenzgesetz (kurz PStTG) geregelt. Begrifflich ist dabei jede Person oder jeder Rechtsträger, der eine Plattform in Anspruch nimmt, ein „Nutzer“ (§ 4 Abs. 1 PStTG). Diejenigen Nutzer, die Leistungen anbieten, werden als „Anbieter“ bezeichnet, § 4 Abs. 2 PStTG.

Der Plattformbetreiber muss sogenannte relevante Tätigkeiten von Anbietern melden
(§ 5 Abs. 1 PStTG):

  1. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen
  2. die Erbringung persönlicher Dienstleistungen
  3. der Verkauf von Waren
  4. die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln

Manche Anbieter sind freigestellt, z. B. wenn sie bestimmte Bagatellgrenzen unterschreiten, § 4 Abs. 5 Nr. 4 PStTG.

Der erste Meldezeitraum hat am 1. Januar 2023 begonnen. Die Meldung für das Kalenderjahr ist bis zum 31. Januar 2024 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einzureichen. Wer unsicher ist, ob er meldepflichtig ist oder wie weit die Meldepflicht konkret reicht, kann gem. § 10 PStTG einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen, der allerdings mit einer Gebühr von 5.000 Euro zu Buche schlägt; § 11 Abs. 7 PStTG. Falsche Meldungen sind bußgeldbewehrt, § 25 PStTG.

Die Neuerungen, die die internationale Zusammenarbeit der Finanzbehörden betreffen, wurden in das bereits bestehende Amtshilfegesetz übernommen. Auch die Abgabenordnung erfährt einige Änderungen zur Verbesserung des Verfahrens.

Inwiefern betrifft das PStTG auch die Umsatzsteuer?

Nach dem 30. Erwägungsgrund der DAC-7-Richtlinie soll angesichts der Bedeutung der Mehrwertsteuer für das Funktionieren des Binnenmarktes auch diese in den sachlichen Anwendungsbereich fallen. Demnach dürfen die von den EU-Mitgliedstaaten übermittelten Informationen auch für die Veranlagung, Verwaltung und Durchsetzung der Umsatzsteuer und anderer indirekter Steuern verwendet werden.

Kein „Fliegen unter dem Radar“ mehr möglich – höchste Zeit, Korrekturen in die Wege zu leiten

Das BZSt ist unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, Informationen über Umsätze im Ausland an die Behörde des betroffenen Landes weiterzugeben, und erhält im Gegenzug für die Besteuerung erhebliche Informationen von ausländischen Behörden; § 9 PStTG.

Für Unternehmer, die auf Plattformen aktiv sind, wird es daher in Zukunft nicht mehr möglich sein, sich der Umsatzbesteuerung zu entziehen. Wer es bislang versäumt hat, sich umsatzsteuerlich registrieren zu lassen, sollte dies so schnell wie möglich nachholen. Wenn für einen auf einer Plattform aktiven Unternehmer in der Zukunft durch den Plattformbetreiber Umsätze an das BZSt gemeldet werden, wird dies die Finanzbehörden möglicherweise auch veranlassen, nach Umsätzen aus Zeiten vor der Geltung von DAC 7 zu forschen. Daher ist jetzt für betroffene Unternehmen ein guter Zeitpunkt, nicht erklärte Umsätze nachzumelden. Gegebenenfalls ist an eine Selbstanzeige zu denken, die nicht ohne rechtlichen Rat abgegeben werden sollte.

Durch die nach dem PStTG notwendigen Meldungen werden den Finanzbehörden alle Anbieter mit Namen, Anschrift und USt-ID bekannt. Dies ermöglicht den Behörden auch die Kontrolle, ob die Plattformbetreiber alle in Deutschland steuerbaren Vermittlungsumsätze ordnungsgemäß erklärt haben. Auch hier sollte jetzt mit der Aufarbeitung begonnen werden, falls es in der Vergangenheit zu Versäumnissen gekommen ist. Für die Zukunft sollten geeignete Prozesse etabliert werden, um alle Umsätze korrekt zu erfassen.

Querverbindungen zu anderen Melde- und Überwachungspflichten

Bereits heute verlangt das Umsatzsteuergesetz von Unternehmern die Erhebung gewisser Informationen. Diese überschneiden sich teilweise mit den nach dem PStTG zu übermittelnden Daten. Es empfiehlt sich daher, hier eine Verknüpfung im ERP-System zu schaffen, sodass ein und dieselbe Information nur einmal eingegeben wird und dann für beide Bereiche gleichzeitig und einheitlich zur Verfügung steht. Besonders zu nennen sind hier die folgenden Paragrafen:

1. § 22f UStG „Besondere Pflichten für Betreiber einer elektronischen Schnittstelle“

Plattformbetreiber (im UStG „Betreiber elektronischer Schnittstellen“ genannt) müssen über die auf der Plattform aktiven Verkäufer bereits heute u. a. Namen, Anschrift sowie Zeitpunkt und Höhe der von diesen ausgeführten Umsätze aufzeichnen. Diese Informationen sind auch nach dem PStTG zu melden – wobei beide Normen jeweils auch über die Anforderungen der jeweils anderen Norm hinausgehende Angaben fordern.

2. § 25e UStG „Haftung beim Handel über eine elektronische Schnittstelle

Versteuert ein Unternehmer, der über eine elektronische Schnittstelle Lieferungen ausführt, diese Lieferungen nicht, so haftet der Plattformbetreiber nach dieser Vorschrift für die nicht entrichtete Steuer. Von dieser Haftung kann sich der Plattformbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen befreien. Besondere Bedeutung kommt dabei der USt-ID des Verkäufers zu, deren Gültigkeit der Plattformbetreiber überprüfen muss – das genannte BMF-Schreiben zeigt die verschiedenen Möglichkeiten für die Prüfung auf. Die Befreiung von der Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Betreiber der elektronischen Schnittstelle Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt. Es ist damit zu rechnen, dass die Finanzbehörden die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auch dann als außer Acht gelassen ansehen, wenn der Betreiber der elektronischen Schnittstelle seinen Sorgfaltspflichten nach PStTG nicht nachgekommen ist und sich, wäre er ihnen nachgekommen, daraus Anhaltspunkte hätten ergeben können, dass der Lieferer seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt.

Leistungskommission

Bei einer Leistungskommission gibt es einen Unternehmer, der eine Leistung erbringen, aber nicht nach außen in Erscheinung treten will – den Kommittenten. Daher bedient er sich eines Mittelsmanns (des Kommissionärs), der die Leistung dann im eigenen Namen, aber für Rechnung des Kommittenten erbringt. Umsatzsteuerlich wird dabei, abweichend vom Zivilrecht, eine Leistungskette fingiert, d. h., für Zwecke der Umsatzbesteuerung wird davon ausgegangen, dass der Kommittent die Leistung an den Kommissionär erbringt, und der Kommissionär erbringt dieselbe Leistung an den Kunden. Umsatzsteuerlich liegen also zwei Leistungen vor, zivilrechtlich hingegen nur eine. Wenn ein solches Geschäft über eine Plattform abgewickelt wird, stellt sich die Frage, wer Anbieter i. S. d. § 4 PStG ist. Laut BMF-Schreiben vom 2. Februar 2023 (Abschnitt 1.2) soll derjenige als Anbieter anzusehen sein, der auf der Plattform als Anbieter registriert ist; das kann der Kommittent oder der Kommissionär sein. Das BMF spricht auch den Fall an, bei dem Kommittent und Kommissionär auf der Plattform registriert sind. Hier soll entscheidend sein, wer gegenüber dem anderen Nutzer die rechtsgeschäftliche Verpflichtung in Bezug auf die Erbringung der relevanten Tätigkeit eingeht. Diese Regelung ist aus unserer Sicht unklar. Offen bleibt auch die Frage, wie sich die Vergütung nach § 14 Abs. 2 Nr. 10 PStTG im Kommissionsfall bemisst.

Gutscheine

Umsatzsteuerlich ist bei Gutscheinen zwischen Ein- und Mehrzweckgutscheinen zu unterscheiden. Stehen bei Ausstellung des Gutscheins Art und Ort der ausgelobten Leistung bereits fest, handelt es sich um einen Einzweckgutschein. In der Folge tritt bei Kettengeschäften eine Leistungsfiktion ein, d. h., es wird fingiert, der Aussteller habe die ausgelobte Leistung an den Überträger erbracht und der Überträger entweder an einen weiteren Überträger oder an den Kunden. Bei einem Kettengeschäft mit Mehrzweckgutscheinen hingegen sind die Übertragungsvorgänge nicht umsatzsteuerbar; besteuert wird nur die tatsächlich vom Aussteller an den Kunden erbrachte Leistung. Im Zusammenhang mit den Meldepflichten nach dem PStTG stellt sich somit die Frage, welche der z. T. fingierten Lieferungen die meldepflichtige relevante Tätigkeit ist. Das BMF stellte klar (Abschnitt 1.9 und 1.10), dass die umsatzsteuerliche Unterscheidung zwischen Ein- und Mehrzweckgutscheinen für die Meldepflichten unbeachtlich sind. Sofern Gutscheine o. Ä. in Form eines körperlichen Gegenstandes vorliegen, seien sie wie Waren zu behandeln. Bei einem Gutschein-Kettengeschäft muss dann offenbar nur derjenige Beteiligte gemeldet werden, der den Gutschein auf der Plattform anbietet. Dies stellt eine erhebliche Abweichung zur umsatzsteuerlichen Behandlung dar.

Lieferkettenfiktion bei Fernverkäufen über Plattformen

Unternehmer, die mit einer elektronischen Schnittstelle (also einer Plattform) bestimmte Lieferungen mit Drittlandsbezug unterstützen, werden so behandelt, als hätten sie diese Liefergegenstände selbst erworben und verkauft; es wird also ein Reihengeschäft fingiert, § 3 Abs. 3a UStG. Das BMF stellt klar, dass diese Lieferkettenfiktion für das PStTG irrelevant ist. Auch hier kommt es somit zu einem Auseinanderfallen der umsatzsteuerlichen Erklärungen und der Meldungen nach dem PStTG.

Stand: 3. März 2023