Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen an Unternehmer nach "Srf konsulterna AB" - BMF-Schreiben vom 9. Juni 2021

Das BMF ändert mit Schreiben vom 9. Juni 2021 den Umsatzsteueranwendungserlass zur Gewährung von Eintritsberechtigungen zu Veranstaltungen an Unternehmer gem. § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG: Damit diese Leistungen nach der Spezialregelung am Veranstaltungsort zu besteuern sind, müssen sie nun nicht mehr der Allgemeinheit zugänglich sein. Damit will das BMF das EuGH-Urteil in der Rechtssache „Srf konsulterna AB“ vom 13. März 2019 (C-647/17) umsetzen. Außerdem wird klargestellt, dass Online-Seminare von § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG nicht umfasst sind.

EuGH-Fall: Berufsverband bot Fortbildung nur für Mitglieder und andere Angehörige der Berufsgruppe sowie nur mit Anmeldung und Vorauszahlung an

Eine in Schweden ansässige Gesellschaft im Eigentum eines Berufsverbandes für Buchhaltungs- und Lohnbuchhaltungsberater bot Kurse für Mitglieder des Verbandes und andere an. Für die Teilnahme waren eine vorherige Anmeldung und eine Vorauszahlung erforderlich. Die Teilnehmer waren ausschließlich in Schweden ansässige Unternehmer, die Kurse fanden aber teilweise in anderen EU-Mitgliedstaaten statt.

Das schwedische Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob der Buchhaltungslehrgang von Art. 53 MwStSystRL (entspricht § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG) als Gewährung der Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen erfasst und damit am Veranstaltungsort zu besteuern sei – auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgten. Anderenfalls wäre das allgemeine Empfängerortsprinzip nach Art. 44 MwStSystRL (entspricht § 3a Abs. 2 UStG) einschlägig. Soweit die Kurse in anderen Mitgliedstaaten abgehalten wurden, ergeben sich aus den beiden Vorschriften unterschiedliche Leistungsorte.

EuGH entscheidet: Sonderregel für Veranstaltungsleistungen an Unternehmer ist hier einschlägig

Der EuGH erinnert zunächst daran, dass das allgemeine Empfängerortsprinzip keinen Vorrang vor den Sonderregeln zur Leistungsortsbestimmung habe. Es bestehe daher keine Veranlassung, die Sonderregel für die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen besonders eng auszulegen. Zudem solle nach den Überlegungen, die der MwStSystRL zugrunde liegen, die Besteuerung einer Dienstleistung nach Möglichkeit am Ort ihres Verbrauchs erfolgen.

Im konkreten Fall sei der Leistungsort des Lehrgangs daher nach der Sonderregel für die Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen zu bestimmen und liege somit im jeweiligen Mitgliedstaat. Dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgten, sei unerheblich.

BMF schließt daraus, dass Veranstaltungen nicht der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen

In seinem Schreiben vom 9. Juni 2021 bezieht sich das BMF auf dieses EuGH-Urteil und ändert daraufhin den Umsatzsteueranwendungserlass. Es sei aus dem Urteil der Schluss zu ziehen, dass eine Veranstaltung auch dann unter die Sonderregel von Art. 53 MwStSystRL/§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG falle, wenn sie nicht für die Allgemeinheit zugänglich sei. Dies habe der EuGH zwar nicht ausdrücklich gesagt, schließlich sei aber der betreffende Kurs des Berufsverbands nicht allgemein zugänglich gewesen. Auch die Generalanwältin hatte in ihrem Schlussantrag vertreten, dass die Allgemeinzugänglichkeit unerheblich und auch anfällig für Manipulationen sei.

Das BMF nimmt zudem in den Anwendungserlas auf, dass von § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG nur Veranstaltungen erfasst werden, bei denen die Teilnehmer körperlich anwesend sind – also keine Online-Veranstaltungen. Dies ergibt sich ebenfalls nicht aus dem EuGH-Urteil, sondern nur aus dem Schlussantrag.

In der Praxis sind grenzüberschreitende Veranstaltungen noch immer unsicheres Terrain

Das BMF schließt aus dem EuGH-Urteil, Art. 53 MwStSystRL/§ 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG seien auch dann anwendbar, wenn die Veranstaltung nicht allgemein zugänglich ist. Schließlich habe der EuGH diese Vorschrift angewandt, obwohl der betreffende Kurs (nur) Mitgliedern einer bestimmten Berufsgruppe offengestanden habe – also nach Auslegung des BMF nicht der Allgemeinheit. Diese Interpretation überrascht, denn in Abschn. 3a.6 Abs. 13 Beispiel 1 UStAE in der bisherigen Fassung hatte das BMF ein Umsatzsatzsteuerseminar noch als allgemein zugänglich angesehen, obwohl naturgemäß auch hier nur eine bestimmte Berufsgruppe teilnimmt. Da der EuGH das Kriterium der Allgemeinzugänglichkeit nicht thematisiert hat, lässt sich aus dem Urteil aber auch keine Auslegung ableiten.

Hinsichtlich des Ausschlusses von Online-Seminaren bietet das BMF-Schreiben zumindest für deutsche Sachverhalte nun mehr Klarheit. Mit den genannten Einschränkungen gilt dies auch für die Allgemeinzugänglichkeit. Steuerpflichtige können sich auf den geänderten UStAE berufen.  Es kann allerdings nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass alle anderen Mitgliedstaaten dieselben Schlüsse ziehen.

In der Praxis bereiten der Anwendungsbereich von § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG und die Abgrenzung zu § 3a Abs. 2 UStG viele weitere Schwierigkeiten. Wenn die Teilnehmer auch Nichtunternehmer sind, wird es richtig kompliziert, denn dann ist zusätzlich die Anwendbarkeit von § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG zu prüfen. Die beiden Vorschriften weisen beide einen Bezug zu Veranstaltungen auf, unterscheiden sich aber im Wortlaut.

Die Generalanwältin macht in ihrem Schlussantrag hilfreiche Auslegungsvorschläge zu diesen und weiteren Themen, die der EuGH aber leider nicht aufgegriffen hat. Besonders interessant ist auch ihre Aussage, eine vorherige Anmeldung und/oder Bezahlung sei unerheblich. Schließlich bereitet es in der Praxis weit größere Schwierigkeiten, den Empfängerort zu bestimmen, wenn sich die Teilnehmer nicht vorher anmelden.

Steuerpflichtige können die Argumente der Generalanwältin in Zukunft natürlich heranziehen, sie sind aber weder für die Finanzverwaltung noch für die Finanzgerichte bindend.

Für Veranstaltungen in Deutschland, die von ausländischen Veranstaltern durchgeführt werden und an denen ausländische Unternehmer und Nichtunternehmer teilnehmen, besteht ein hoher umsatzsteuerlicher Prüfungsaufwand. Es empfiehlt sich, die notwendigen Informationen, z. B. Unternehmereigenschaft und ggf. Ansässigkeits- oder Wohnsitzort, frühzeitig abzufragen – idealerweise in einem standardisierten Anmeldeprozess.

Das Reverse-Charge-Verfahren ist gem. § 13b Abs. 6 Nr. 4 UStG für die Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland ausgeschlossen. Führt ein ausländischer Veranstalter eine in Deutschland steuerbare derartige Veranstaltung durch, muss er sich in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen. Nicht alle Veranstaltungsleistungen nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG fallen jedoch unter diese Ausnahme vom Reverse-Charge-Verfahren. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob sich eine Registrierungspflicht für den Leistungsempfänger ergibt.

(Stand: 25.06.2021)