Bestreiten des Zugangs eines Abgabenbescheides

Das VG Lüneburg hat mit Beschluss vom 9. April 2020 entschieden, dass ein Verwaltungsakt als nicht zugegangen gilt, wenn der Adressat den Zugang desselben bestreitet und keine konkreten Anhaltspunkte für einen tatsächlichen Erhalt vorliegen. Der Nichterhalt muss nicht besonders substantiiert werden.

Der Antragsteller wendete sich gegen Vollstreckungsmaßnahmen wegen einer Kostenforderung für die Herstellung eines Hausanschlusses an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 teilte die Gemeinde dem Antragsteller mit, dass der Bescheid am 11. Dezember 2014 an ihn versandt worden sei und dieses Schreiben am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt gelte, da das Schreiben nicht zurückgekommen sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gewährt.

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO – der für Bescheide über die Erstattung von Kosten für Haus- und Grundstücksanschlüsse nach den §§ 8 Satz 4, 11 Abs. 1 Nr. 3b) NKAG entsprechend gilt – gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Bestreitet der Adressat – wie hier der Antragsteller – den Zugang des Schriftstücks überhaupt, bedarf es keiner besonderen Substantiierungen des Nichterhalts des Schriftstücks, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für einen tatsächlichen Erhalt vorliegen. Ob eine „Wahrscheinlichkeit“ für den Zugang spricht, ist nicht entscheidend.

Aus der gemäß §§ 8 Satz 4, 11 Abs. 3 NKAG sinngemäß anwendbaren Vorschrift des § 169 Abs. 1 Satz 3 AO, wonach die Frist zur Festsetzung einer Steuer gewahrt ist, wenn der Steuerbescheid den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat, folgt nicht, dass bei rechtzeitiger Absendung des Bescheids die wirksame Bekanntgabe eines Abgabenbescheids ersetzt wird. § 169 Abs. 1 Satz 3 AO entbindet die Behörde nur davon, den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Solange „Zweifel“ am tatsächlichen Zugang bestehen, gehen diese zulasten der Behörde.

Mazars begleitet Ver- und Entsorgungsunternehmen bei der rechtssicheren Kalkulation und Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben.