Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Immobilienholding?

08.11.2016 – Im Folgenden geht es um die Auslegung des Begriffes „eigener Grundbesitz“ im Rahmen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG und die Frage nach der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung bei Immobilienholdings, die je nach Entscheidung des Großen Senats in den Genuss der vorgenannten Kürzung kommen könnten.

Der IV. Senat des BFH hat dem Großen Senat mit Beschluss vom 21.07.2016 (Az.: IV R 26/14) die Frage vorgelegt, ob einer grundstücksverwaltenden, nur kraft Rechtsform gewerblich tätigen Gesellschaft ein Anspruch auf die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann zusteht, wenn sie an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.

Hintergrund der Vorlagefrage war eine zu entscheidende Klage einer GmbH & Co. KG, die als gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Sie war zu 2/3 an einer GbR beteiligt und bezog im streitgegenständlichen Zeitraum ihre Erträge nahezu ausschließlich aus dieser Beteiligung. Die GbR verwaltete mehrere Grundstücke und erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die GmbH & Co. KG machte vor dem Hintergrund der ausschließlich grundstücksverwaltenden Tätigkeit der GbR erfolglos die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG geltend. Das FA vertrat die Auffassung, dass das Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft die erweiterte Kürzung ausschließe, da die Beteiligung an einer Personengesellschaft nicht dem eigenen Grundbesitz gleichzustellen sei. Das FG hingegen war der Ansicht, die KG habe „eigenen Grundbesitz“ i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwaltet, denn es sei nicht auf das zivilrechtliche Eigentum der GbR an den Grundstücken abzustellen, sondern darauf, dass die Grundstücke als Gesamthandseigentum ertragsteuerlich dem Betriebsvermögen der GmbH & Co. KG zuzurechnen seien. Die Revision wurde zugelassen.

Der vorlegende IV. Senat vertritt die Ansicht, dass der Begriff des eigenen Grundbesitzes steuerrechtlich auszulegen sei. Steuerrechtlich wird das Eigentum einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den hinter ihr stehenden Gesellschaftern anteilig zugerechnet. Ein in zivilrechtlichem Eigentum der Personengesellschaft stehendes Grundstück ist aus dieser Perspektive nicht deren „eigener Grundbesitz“, sondern Grundbesitz der Gesellschafter. Die Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft schließe die erweiterte Kürzung daher nicht generell aus. Der I. Senat weicht von dieser Ansicht ab (Urteil v. 19.10.2010, I R 67/09, BStBl II 2011, 367). Er bevorzugt eine zivilrechtliche Betrachtungsweise, nach der der Grundbesitz „eigener Grundbesitz“ der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft ist und dieser nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen sei. Folglich liege ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG vor, da es an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes mangele. Da der 1. Senat an seiner abweichenden Auffassung festhält musste der IV. Senat in dieser Grundsatzfrage den Großen Senat anrufen.

Der Entscheidung kommt im Immobilienbereich erhebliche Bedeutung zu, wenn Grundbesitz in Untergesellschaften ausgegliedert wird. Denn grundsätzlich unterliegt die Tätigkeit aus der Verwaltung von Immobilien nicht der Gewerbesteuer. Gewerbesteuer kann nur anfallen, wenn die Verwaltung von einer Personen- oder Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, die allein aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt. Beschränkt sich die Gesellschaft aber auf die Immobilienverwaltung, wird der daraus erwirtschaftete Gewinn durch die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer ausgenommen. Der Rechtsstreit betrifft also die Frage, ob eine Ausgliederung ohne Gefährdung der Freistellung von der Gewerbesteuer möglich ist.