Update zum Forschungszulagengesetz (FZULG)

19.06.2020 – Lesen Sie hier das Update zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung durch das Forschungszulagengesetz (FZULG) vom 14.12.2019.

Einführung

Forschung und Entwicklung in Deutschland weiter stärken angesichts des digitalen Wandels und des zunehmenden internationalen Standortwettbewerbs – dies ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Hierzu ist zum 1.1.2020 das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (Forschungszulagengesetz; FZulG) vom 14.12.2019 in Kraft getreten, mit dem nun auch in Deutschland die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung für Unternehmen ermöglicht wird. Ziel des Gesetzes ist die Stärkung des Unternehmensstandorts Deutschland, insbesondere, um die Attraktivität des Standortes für Neuansiedlungen und Investitionsentscheidungen zu verbessern. Zugleich sollen international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen und durch gezielte Maßnahmen im Unternehmenssteuerbereich wachstumsfreundliche und faire steuerliche Rahmenbedingungen sichergestellt werden. Das Gesetz soll Anreize setzen, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Im Fokus sind dabei insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen, aber auch größere Unternehmen sollen von der Förderung nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Ausgestaltet ist die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung nach dem FZulG durch eine antragsgebundene steuerfreie Forschungszulage nach derzeitigem Stand von bis zu 500.000,00 Euro (befristet erhöht auf 1 Mio. Euro gem. dem Konjunkturpaket zur Bekämpfung der Corona-Folgen vom 4.6.2020).

Die Forschungszulage wird grds. auf die festgesetzte Steuer angerechnet.

Da es sich bei der Forschungszulage um eine Beihilfe im Sinne des EU-Beihilferechts handelt, wurde das FZulG entsprechend den beihilferechtlichen Vorgaben der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) der EU-Kommission vom 17.6.2014 ausgestaltet. Daher ist das FZulG zunächst nur für sechs Monate ab Inkrafttreten anwendbar; im Falle eines Beschlusses der EU-Kommission zur Genehmigung eines Evaluierungsplanes verlängert sich die Anwendbarkeit bis zum Wegfall der Freistellungsvoraussetzungen der AGVO. Nach den öffentlich zugänglichen Informationen geht das BMF davon aus, dass die EU-Kommission innerhalb der Sechs-Monats-Frist, d. h. bis zum 30.6.2020, eine positive Entscheidung treffen wird.

Voraussetzungen der steuerlichen Förderung im Einzelnen

Antragsverfahren

Der Anspruchsberechtigte hat nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem förderfähigen Aufwendungen entstanden sind, einen Antrag auf Förderung zu stellen.

Es ist ein zweistufiges Antragsverfahren vorgesehen:

  1. Antrag auf FuE-Bescheinigung bei der zuständigen Bescheinigungsstelle
  2. Antrag auf Forschungszulage beim Finanzamt

Zunächst stellt der Anspruchsberechtigte bei der Bescheinigungsstelle einen Antrag auf Bescheinigung für die Vorhaben, die begünstigt werden sollen. Die Bescheinigungsstelle stellt fest, ob es sich um ein förderfähiges Vorhaben handelt. Das Verfahren ist näher durch die Forschungszulagen-Bescheinigungsverordnung (FZulBV) vom 30.1.2020 geregelt. Danach soll der Antrag grds. auf elektronischem Wege und zusammengefasst für sämtliche Forschungs- und Entwicklungsvorhaben eines Antragstellers gestellt werden, wofür ein Vordruck auf der Internetseite des für die Bescheinigung zuständigen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) veröffentlicht wird. Nach Prüfung stellt die Bescheinigungsstelle für die Vorhaben eines Antrags, die als förderfähige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben qualifizieren, eine entsprechende Bescheinigung aus. Die Bearbeitung des Antrags soll innerhalb von drei Monaten erfolgen. Um ihren Rechtsanspruch abzuklären, können Antragsteller eine Bescheinigung auch bereits vorab oder während der Durchführung des Vorhabens beantragen. Nach Aussage des BMBF wird die noch zu benennende Bescheinigungsstelle derzeit in einer öffentlichen Ausschreibung ermittelt; sollte der Zuschlag wie geplant im Juli erteilt werden, sollen im Laufe des Spätsommers dann die Bescheinigungen für sämtliche ab dem 1.1.2020 begonnenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben beantragt werden können.

Im zweiten Schritt wird beim zuständigen Finanzamt der eigentliche Antrag auf Forschungszulage nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mit allen subventionserheblichen Tatsachen gestellt. Dem Antrag ist die Bescheinigung der zuständigen Bescheinigungsstelle über die Förderfähigkeit des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens beizufügen.

Anspruchsberechtigung

Anspruchsberechtigt sind grds. die steuerpflichtigen juristischen und natürlichen Personen i. S. d. EStG und KStG, soweit sie Gewinneinkünfte erzielen und nicht persönlich steuerbefreit sind. Darüber hinaus sind auch Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften) anspruchsberechtigt. Steuerbefreite Körperschaften sind von der Förderung ausgeschlossen, es sei denn, sie üben ihre begünstigten Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, einem nicht steuerbefreiten Betrieb gewerblicher Art oder einer sonstigen steuerpflichtigen rechtlichen Einheit aus. Für bestimmte Sektoren, die besonderen unionsrechtlichen Vorschriften unterliegen, ist eine Förderung ausgeschlossen.

Ausgeschlossen von einer Förderung sind nach aktuellem Gesetzesstand darüber hinaus „Unternehmen in Schwierigkeiten“, wozu insbesondere Unternehmen zählen, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind oder eine Rettungsbeihilfe erhalten und noch nicht zurückgezahlt haben, aber auch haftungsbeschränkte Gesellschaften, die infolge aufgelaufener Verluste mehr als 50 % ihres Stammkapitals aufgezehrt haben, oder Gesellschaften mit mindestens einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter, deren ausgewiesene Eigenmittel sich infolge aufgelaufener Verluste um mehr als 50 % vermindert haben. Auch Unternehmen, bei denen in den letzten beiden Jahren der Verschuldungsgrad bei mehr als 7,5 und das Zinsdeckungsverhältnis unter 1,0 lag, gelten als „Unternehmen in Schwierigkeiten“.

Begünstigungsfähige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Die begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sind abschließend definiert und umfassen Vorhaben, die sich nach den maßgeblichen Definitionen der AGVO den drei Bereichen Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung zuordnen lassen.

Grundlagenforschung: experimentelle oder theoretische Arbeiten, die in erster Linie dem Erwerb neuen Grundlagenwissens ohne erkennbare direkte kommerzielle Anwendungsmöglichkeiten dienen.

Industrielle Forschung: planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln oder wesentliche Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen herbeizuführen. Hierzu zählt auch die Entwicklung von Teilen komplexer Systeme und unter Umständen auch der Bau von Prototypen in einer Laborumgebung oder in einer Umgebung mit simulierten Schnittstellen zu bestehenden Systemen wie auch von Pilotlinien, wenn dies für die industrielle Forschung und insbesondere die Validierung von technologischen Grundlagen notwendig ist.

Experimentelle Entwicklung: Erwerb, Kombination, Gestaltung und Nutzung vorhandener wissenschaftlicher, technischer, wirtschaftlicher und sonstiger einschlägiger Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln. Dazu zählen zum Beispiel auch Tätigkeiten zur Konzeption, Planung und Dokumentation neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen.

Explizit nicht förderfähig sind Tätigkeiten, die auf die Marktentwicklung eines bereits im Wesentlichen festgelegten Produkts oder Verfahrens bzw. den reibungslosen Ablauf eines Produktionssystems ausgerichtet sind.

Ausgeübt werden kann ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben als eigenbetriebliche Forschung, als Auftragsforschung oder als Kooperation, wobei als Kooperationspartner sowohl andere Unternehmen als auch Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung wie bspw. Hochschulen oder Forschungsinstitute infrage kommen. Die Förderung von Auftragsforschung erfolgt beim Auftraggeber und ist i. Ü. nur begünstigt, wenn der Auftragnehmer seinen Sitz innerhalb der EU oder des EWR hat.

Die Forschungszulage kann nur für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben beansprucht werden, mit denen nach dem Inkrafttreten des FZulG begonnen wird bzw. für die der Auftrag nach diesem Zeitpunkt erteilt wird. Eine Förderung zum 1.1.2020 bereits begonnener Vorhaben scheidet damit aus.

Bemessungsgrundlage und Höhe der Forschungszulage

Die Bemessungsgrundlage der steuerlichen Förderung ermittelt sich nach den förderfähigen Aufwendungen. Hierzu zählen insbesondere die beim Anspruchsberechtigten dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne, soweit sie auf Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens entfallen. Ebenso einzubeziehen sind die hierauf entfallenden Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers. Auch der (fremdüblich ausgestaltete) Arbeitslohn eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft zählt zu den förderfähigen Aufwendungen, soweit dieser forschend für sein Unternehmen tätig ist. Die genannten Aufwendungen sind auch förderfähig, wenn die Arbeitslöhne nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen, da das Besteuerungsrecht für die Arbeitslöhne aufgrund eines DBA einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Staat des EWR zugewiesen wird. Um auch die Aufwendungen eines selbst forschenden Einzelunternehmers oder Mitunternehmers zu berücksichtigen, können dessen nachgewiesene Arbeitsstunden mit pauschal 40 Euro/Stunde bei insg. maximal 40 Stunden pro Woche einbezogen werden. Auf diese pauschale Berücksichtigung findet die AGVO keine Anwendung. Um diesen Teil der Forschungszulage vor diesem Hintergrund als De-minimis-Beihilfe qualifizieren zu können, muss der Antragsteller nachweisen, dass die Anforderungen der De-minimis-VO unter Berücksichtigung etwaiger sonstiger erhaltener De-minimis-Beihilfen gewahrt bleiben, d.h. insbesondere, dass die einem einzigen Unternehmen in einem Zeitraum von drei Veranlagungszeiträumen insgesamt gewährten De-minimis-Beihilfen einen Betrag von 200.000,00 Euro nicht übersteigen.

Im Fall der Auftragsforschung betragen die förderfähigen Aufwendungen für in Auftrag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben pauschal 60 % des an den Auftragnehmer gezahlten Entgelts. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies den Anteil repräsentieren, der beim Auftragnehmer etwa auf Personalaufwendungen entfällt.

Die Summe der im maßgeblichen Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen bildet die Bemessungsgrundlage, die pro Wirtschaftsjahr auf einen Betrag von 2 Mio. Euro gedeckelt ist (4 Mio. Euro gem. Konjunkturpaket). Verbundene Unternehmen i. S. d. § 15 AktG sind dabei zusammen zu betrachten. Zudem dürfen die Anmeldeschwellen der AGVO nicht überschritten werden. Um eine Doppelförderung von Aufwendungen durch die Inanspruchnahme der Forschungszulage zu verhindern, sind (grds. förderfähige) Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit sie im Rahmen einer anderen Förderung oder Beihilfe aus deutschen oder aus EU-Mitteln gefördert werden oder wurden.

Die Höhe der Forschungszulage beträgt 25 % der Bemessungsgrundlage, sodass sich eine maximale Fördersumme von 500.000,00 Euro pro Wirtschaftsjahr ergibt (1 Mio. Euro gem. Konjunkturpaket). Die Forschungszulage wird bei der nächsten Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer auf die festgesetzte Steuer angerechnet; bei Mitunternehmerschaften erfolgt die Feststellung gesondert und einheitlich gegenüber den Mitunternehmern. Übersteigt die anzurechnende Forschungszulage die festgesetzte Steuer, wird sie insoweit ausgezahlt.

Nach dem vom Koalitionsausschuss beschlossenen Konjunkturpaket zur Bekämpfung der Corona-Folgen vom 4.6.2020 ist eine rückwirkende Erhöhung des Fördersatzes der steuerlichen Forschungszulage zum 1.1.2020 und befristet bis zum 31.12.2025 auf eine Bemessungsgrundlage von bis zu 4 Mio. Euro pro Unternehmen vorgesehen.

Fazit und Praxistipp

Das FZulG bietet grds. einen sinnvollen Einstieg in die vom Mittelstand schon lange geforderte steuerliche Forschungsförderung in Deutschland und ist daher zu begrüßen. Vorteilhaft ist u. a., dass der Antragsteller – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – einen Rechtsanspruch auf die Förderung hat. Insoweit gibt es keine Ermessensentscheidungen und keinen „Fördertopf-Deckel“. Positiv ist auch, dass die Förderung allen in Deutschland beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen offensteht, unabhängig von deren Größe, Rechtsform oder Wirtschaftszweig. Auch die für den Bereich der Auftragsforschung vorgesehene pauschale Aufwandsberücksichtigung ohne Dokumentationspflichten könnte eine geeignete Alternative bieten, anlagenintensive Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durch Dritte ausführen zu lassen. Jedoch wäre insgesamt eine stärkere Förderung insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen durch einen höheren Zulagensatz wünschenswert gewesen. Darüber hinaus wird es für den Antragsteller im Einzelfall erforderlich sein, sich neben dem FZulG auch mit den europarechtlichen Vorgaben der AGVO und der De-minimis-VO zu beschäftigen, um die Angaben im Rahmen des Antragsverfahrens ordnungsgemäß vornehmen zu können.

Schließlich bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die steuerliche Förderung nach dem FZulG haben wird. Neben den Auswirkungen auf die Planung und Durchführung von etwaig förderungsfähigen Vorhaben an sich ist hier u. a. auf die fehlende Antragsberechtigung für „Unternehmen in Schwierigkeiten“ sowie die teilweise noch nicht abgeschlossenen nationalen und europarechtlichen Umsetzungsschritte hinzuweisen. Des Weiteren sind mit der im Konjunkturpaket zur Bekämpfung der Corona-Folgen enthaltenen befristeten Erhöhung der maximalen Fördersumme auf 1 Mio. Euro erste Änderungen des Gesetzes in Umsetzung.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier . Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.