Steuerliche Behandlung einer Sachausschüttung an eine gemeinnützige Körperschaft

20.12.2018 – Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.4.2018 (Az. I R 34/15, veröffentlicht am 14.11.2018) erstmals über die komplexen Fragen im Zusammenhang mit einer Sachausschüttung an einen gemeinnützigen Gesellschafter entschieden.

Er gibt in seinem Urteil zugleich Hinweise dazu, unter welchen Bedingungen die Sachausschüttung beim Insourcing von ausgelagerten Servicedienstleistungen eine Transaktionsalternative darstellen könnte. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt legte eine gemeinnützige Stiftung ein Aktienpaket zunächst in eine (nichtgemeinnützige) Tochter-GmbH ein. Mehrere Jahre später wurde dasselbe Aktienpaket durch Beschluss über eine Sachausschüttung zurück auf die Stiftung übertragen. Finanzamt und GmbH stritten über die steuerliche Behandlung dieser Sachausschüttung.

Sachausschüttung

Offene Gewinnausschüttungen einer GmbH beruhen auf einem handelsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter. Durch diesen entsteht der konkrete Gewinnauszahlungsanspruch des Gesellschafters, den die GmbH mit der Ausschüttung erfüllt. § 58 Abs. 5 des Aktiengesetzes (AktG) sieht seit dem Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) vom 19.7.2002 (BGBl I 2002, 2681) ausdrücklich vor, dass die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auch eine Sachausschüttung beschließen kann, sofern die Satzung dies vorsieht. In dem Gewinnverwendungsbeschluss ist nach § 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG der auszuschüttende Sachwert anzugeben. Für die GmbH sind zwar keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen zu Sachausschüttungen getroffen worden, die für Aktiengesellschaften geltenden Regelungen sind jedoch sinngemäß anzuwenden.

Handelsrechtliche Bewertung

Nicht gesetzlich geregelt, sondern explizit der wissenschaftlichen Diskussion überlassen wurde die Frage, ob die Sachausschüttungen zum Marktwert oder zum Buchwert vorzunehmen sind. Die Problematik ist bis heute streitig. Im Falle einer Bewertung der Sachdividende zum Buchwert werden regelmäßig stille Reserven mitausgeschüttet, ohne dass dies aus dem Gewinnverwendungsbeschluss ersichtlich wäre. Daher wird teilweise die Auffassung vertreten, dass nur eine Ausschüttung zum Verkehrswert zulässig sei. Andernfalls würde eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen werden.

Dies vor Augen hat der BFH für den Streitfall jedenfalls nicht beanstandet, dass in dem Gewinnverwendungsbeschluss der GmbH der auszuschüttende Sachwert mit dem Buchwert angegeben wurde.

Steuerrechtliche Bewertung

Steuerrechtlich ist der Vorgang nach Auffassung des BFH als einheitliche offene Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Auch dann, wenn im Gewinnverwendungsbeschluss der auszuschüttende Sachwert mit dem Buchwert angegeben wird und damit handelsrechtlich die sog. Buchwertmethode zur Anwendung kommt, verbiete sich die Annahme, dass die Sachausschüttung steuerrechtlich in Höhe des Buchwerts als offene Gewinnausschüttung und in Höhe des Differenzbetrags gegenüber dem gemeinen Wert als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren ist. Mit anderen Worten: Die handelsrechtliche Bewertung vermag das Vorliegen einer auf einem (ordnungsgemäßen) Gewinnverwendungsbeschluss basierenden offenen Gewinnausschüttung nicht in Frage zu stellen.

Eine ausdrückliche Vorschrift über die Bewertung offener Gewinnausschüttungen fehlt im Körperschaftsteuerrecht. Daher ist nach §§ 1, 9 BewG der gemeine Wert zugrunde zu legen. Der BFH hat dies bereits für die Ermittlung der Höhe einer vGA entschieden (BFH, Urteil vom 27.11.1974 – I R 250/72). Nichts anderes kann für die Bewertung einer offenen Gewinnausschüttung (hier in Form einer Sachdividende) gelten, da nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG die Verteilung des Einkommens die Ermittlung des Einkommens nicht berühren darf. Diese Rechtsfolge ist gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG „auch“ für vGA zu beachten. Eine Gesamtschau beider Regelungen lässt demnach nur den Schluss zu, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen den nämlichen Bewertungsgrundsätzen unterworfen sind. Die Sachausschüttung ist daher steuerrechtlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Eventuell vorhandene stille Reserven sind also als offene Gewinnausschüttung aufzudecken und zu besteuern.

Entnahmegrundsätze oder vGA-Grundsätze?

Im Urteilsfall machte die klagende GmbH weiterhin geltend, dass die Ausschüttung steuerrechtlich als Sachzuwendung an eine gemeinnützige Körperschaft gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 EStG zum Buchwert anzusetzen sei (sog. Buchwertprivileg für Sachspenden aus dem Betriebsvermögen).

Diesem Ansinnen erteilte der BFH eine eindeutige Absage. Die Regelungen zur vGA gingen nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) über die Entnahme vor (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987 – GrS 2/86). Der Senat sah keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Sie sei aufgrund der aufgezeigten gesetzlichen Regelungszusammenhänge auch für offene Gewinnausschüttungen zu beachten.

Darüber hinaus stellte der BFH klar, dass aus den § 13 Abs. 4 und § 9 Abs. 2 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG kein allgemeines Rechtsprinzip abgeleitet werden könne, dass die Überlassung von Wirtschaftsgütern an gemeinnützige Körperschaften nicht durch die steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven erschwert werden soll. Die genannten Bestimmungen enthielten lediglich Regelungen zu einzelnen Sachverhalten. Ein allgemeines Rechtsprinzip lasse sich den Vorschriften hingegen nicht entnehmen.

Anwendbarkeit von § 8b KStG

Da Gegenstand der Sachausschüttung der klagenden GmbH ein Aktienpaket war, stellte sich die Frage, inwieweit das sog. Schachtelprivileg (§ 8b KStG) für Gewinne aus Ausschüttungen und Beteiligungsverkäufen anwendbar ist.

Nach Auffassung des BFH ist im Urteilsfall der Gewinn aus der Aufdeckung der stillen Reserven bei der ausschüttenden GmbH gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der BFH bereits früher für die vGA angenommen hat, dass es Sinn und Zweck des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist, für Besteuerungszwecke von einem angemessenen Veräußerungserlös auszugehen, wenn Gegenstand einer vGA die Veräußerung der Beteiligung an einer – im damaligen Urteilsfall ausländischen – Kapitalgesellschaft zu einem unangemessen niedrigen Preis ist (BFH, Beschluss vom 6.7.2000 – I B 34/00). Dementsprechend habe der Senat es als folgerichtig angesehen, § 8b Abs. 2 KStG nicht nur auf den vereinbarten, sondern auch auf den aus steuerlichen Gründen korrigierten Veräußerungsgewinn anzuwenden. Nicht anders sei für die Gewinnrealisation im Streitfall nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG zu entscheiden. Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben folglich Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Von dem jeweiligen Gewinn im Sinne von § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG gelten jedoch gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG fünf Prozent als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

Im Ergebnis ist der Gewinn der GmbH infolge der Sachausschüttung steuerrechtlich um 5 % der aufgedeckten stillen Reserven zu erhöhen.

Sachausschüttung und Insourcing

Ausgangssituation

In der Vergangenheit haben viele operativ tätige gemeinnützige Krankenhäuser und andere Einrichtungen der Wohlfahrtspflege die nicht den unmittelbaren Kernbereich der Tätigkeit betreffenden Vor- und Serviceleistungen auf Tochterkapitalgesellschaften ausgelagert (z. B. Reinigung, Catering, IT, Verwaltung). Häufig geschah dies in Kooperation mit entsprechend spezialisierten gewerblichen Anbietern.

Sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus (insbesondere datenschutz-) rechtlichen Überlegungen wird zunehmend erwogen, diese Leistungen wieder unmittelbar durch die Trägergesellschaft zu erbringen. Um dies umzusetzen kommt neben den Möglichkeiten des Umwandlungsgesetzes (z. B. Verschmelzung, Spaltung) oder eines Erwerbs aus der Servicegesellschaft auch eine Übertragung der entsprechenden Sachgüter im Wege der Sachausschüttung in Frage. Zwar erlaubt das Umwandlungsgesetz unter bestimmten Konstellationen eine Übertragung zu Buchwerten, häufig liegen diese bei gemeinnützigen Körperschaften als aufnehmende Rechtsträger jedoch nicht vor oder der erforderliche Teilbetrieb wird streitig. In solchen Konstellationen könnte die Sachausschüttung als alternativer Transaktionsweg angedacht werden. Im Gegensatz zum Erwerb eines Betriebsteils fließen hierbei keine Barmittel in die Servicegesellschaft ab.

Vorgehen

In einem ersten Schritt wäre der Gesellschaftsvertrag dahingehend zu ändern, auch Sachausschüttungen zuzulassen. Nach Eintrag der Änderung in das Handelsregister könnten die Gesellschafter die Sachausschüttung im Umfang der Aktiva und Passiva des zu übertragenden Betriebsteils beschließen und die anzusprechenden Eigenkapitalpositionen festlegen. Hierbei ist der (zuvor zu ermittelnde) Sachwert zu benennen, § 174 Abs. 2 Nr. 2 AktG. Die Ausschüttung kann auf einen bestimmten Tag in der Zukunft datiert werden. Hierdurch kann beispielsweise eine Rechnungsabgrenzung zum Jahresende erreicht werden.

Nicht umfasst von der Sachausschüttung sind die Verträge, einschließlich Arbeitsverträge, und Leistungsbeziehungen des Geschäftsbereichs IT, deren Überleitung somit zusätzlich zu regeln sein wird.

Handels- und steuerrechtliche Bewertung

Entsprechend dem aktuellen Urteil könnten die Vermögensgegenstände handelsrechtlich mit dem Buchwert und steuerrechtlich mit dem gemeinen Wert übertragen werden.

Häufig wird dabei der gemeine Wert der Betriebs- und Geschäftsausstattung den Buchwert nicht übersteigen. Dasselbe wird für laufende Forderungen und Verbindlichkeiten gelten. Problematisch wären am ehesten stille Reserven in Grundbesitz und ein möglicher Geschäftswert des Geschäftsbereiches. Stille Reserven hieraus wären bei der Servicegesellschaft zu versteuern. Gegebenenfalls ist durch vorgezogene Maßnahmen sicherzustellen, dass die zu ermittelnden Werte im Rahmen hinnehmbarer Transaktionskosten bleiben. Insbesondere die vertragskonforme Kündigung bestehender Leistungsverträge hat hierauf weitgehenden Einfluss.

Weitere steuerrechtliche Folgen

Ist der gemeine Wert des zu übertragenden Betriebsteils ermittelt, ist zu beurteilen, ob auch steuerrechtlich eine Gewinnausschüttung oder aber eine Einlagenrückgewähr vorliegt. Häufig wurden Servicegesellschaften in der Vergangenheit durch Einlage von Betriebsteilen oder Barvermögen gegründet. Soweit die Sachausschüttung danach auch steuerrechtlich als Ausschüttung zu qualifizieren ist, unterliegt sie grundsätzlich der Kapitalertragsteuer. Da aus der Sachausschüttung naturgemäß keine Abführungen an das Finanzamt geleistet werden können, besteht entweder die Möglichkeit eine (entsprechend höhere) gemischte Bar- und Sachausschüttung zu beschließen oder aber den Ausschüttungsempfänger gemäß § 44 Abs. 1 Sätze 7–10 EStG zu verpflichten, der ausschüttenden GmbH die erforderlichen Barmittel zur Verfügung zu stellen.

Der Zugang der Sachausschüttung führt auf der Ebene der gemeinnützigen Körperschaft zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Es wird die Frage zu stellen sein, ob diese steuerfrei in der gemeinnützigkeitsrechtlichen Sphäre der Vermögensverwaltung oder aber – wiederum unter Anwendung § 8b KStG – im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erfassen sind. Während im ersten Fall bei der Vorlage der entsprechenden Freistellungsbescheinigung an die GmbH Abstand von der Abführung der Kapitalertragsteuer genommen werden kann, ist im zweiten Fall deren Anrechnung auf die Körperschaftsteuer vorzunehmen.

Je nach Ausgangslage kann damit die Sachausschüttung wirtschaftlich sinnvoll als Möglichkeit genutzt werden, um Betriebsteile aus Tochtergesellschaften in die gemeinnützige Trägergesellschaft zurückzuholen.

Praxishinweis

Nachdem im Dritten Sektor lange Jahre das Outsourcing von Serviceleistungen auf Tochtergesellschaften State of the Art war, führen rechtliche, wirtschaftliche und auch steuerliche Überlegungen zunehmend dazu, diese Leistungen wieder unmittelbar durch den gemeinnützigen Träger erbringen zu wollen. Mit dem Urteil hat der BFH erstmals tragfähige Anhaltspunkte gegeben, wie ein Insourcing auch im Wege der Sachausschüttung gedacht werden kann. Weiterhin hat er unmissverständlich klargestellt, dass das Buchwertprivileg für Sachzuwendungen an den gemeinnützigen Gesellschafter hinter den allgemeinen Grundsätzen der (verdeckten) Gewinnausschüttung zurücktritt. Für Sachzuwendungen einer gewerblichen Tochter an ihren gemeinnützigen Gesellschafter ist daher immer der gemeine Wert anzusetzen.

Autor

Jens Krieger
Tel: +49 30 208 88-1280
jens.krieger@mazars.de

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2018. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen  Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.