BGH und digitaler Nachlass: Facebook muss Erben Zugang zu Account gestatten

17.07.2018 – Der BGH hat in kürzester Zeit die umstrittene Frage bejaht, ob der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk vererbbar ist.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war Mutter und Miterbin einer 15-jährigen Tochter, die unter ungeklärten Umständen infolge eines U-Bahn-Unglücks ums Leben kam. Bei der Beklagten handelte es sich um den Internet-Giganten Facebook, bei dem die Tochter ein Benutzerkonto besaß.

Nach dem Tod ihrer Tochter versuchte die Mutter, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies gelang ihr jedoch trotz des richtigen Passwortes nicht, da sich die Seite bereits im sog. Gedenkzustand befand. Bei diesem sind zwar sämtliche Kontoinhalte noch vorhanden, aber es kann niemand mehr auf diese zugreifen. Die Mutter verlangte daraufhin im Wege der Klage Zugang zum Benutzerkonto ihrer Tochter. Sie erhoffte sich aus dem Chat-Verlauf Aufschluss darüber, ob der Tod der Tochter tatsächlich ein Suizid war. Zudem musste sie Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abwehren, der wegen des Unfalls Schmerzensgeld verlangte.

Nachdem das LG Berlin im Jahr 2015 in erster Instanz den Eltern zunächst Zugang zum Konto gewährte, wies das Kammergericht im Jahr 2017 die Klage der Eltern zurück. Der BGH wiederum hob das Urteil des Kammergerichts auf und gab der Klage statt. Er bejahte den Anspruch der Erben auf Zugang zum Benutzerkonto mit der Begründung, dass der Nutzungsvertrag zwischen Facebook und dem Nutzer im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergehe. Weder sei die Vererblichkeit des Vertrags aufgrund der Nutzungsbedingungen ausgeschlossen noch sei er höchstpersönlich und deshalb unvererblich. Der vielfach befürchtete Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und die damit einhergehende Strafbarkeit nach § 206 Abs. 1 StGB scheide ebenfalls aus, da die Erben nicht „anderer“ i.S.v. § 88 Abs. 3 S. 1 TKG seien. Da die Datenschutz-Grundverordnung nur lebende Personen schützt, stehe auch sie dem Zugang der Erben nicht entgegen.

Praxishinweis: Trotz des Urteils sollten letztwillige Verfügungen und Vorsorgevollmachten weiterhin Regelungen zum Digitalen Nachlass enthalten.

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