Vermieter und WEGs sollen für Telekommunikationseingangsleistungen nicht Steuerschuldner sein - BMF-Schreiben vom 2. Mai 2022

Mit Schreiben vom 2. Mai 2022 nimmt das BMF Telekommunikationsleistungen an Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften vom Reverse-Charge-Verfahren aus. Der Gesetzeswortlaut wird dabei arg strapaziert.

Hintergrund

In Mietshäusern oder Häusern mit mehreren Eigentumswohnungen werden Internet- und Fernsehanschluss häufig vom Vermieter bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt und dann an die einzelnen Parteien weiterbelastet. Umsatzsteuerlich erbringen die Telekommunikationsunternehmen damit eine Telekommunikationsleistung, für die nach § 13b Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. Abs. 5 S. 6 UStG das Reverse-Charge-Verfahren in Betracht kommt. Voraussetzung dafür ist, dass der Vermieter/die Wohnungseigentümergemeinschaft ein sogenannter Wiederverkäufer ist, also ein Unternehmer, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist. Dies ist bei Vermietern/Wohnungseigentümergesellschaften in der Regel der Fall, wird aber oft übersehen.

Die Regelungen des BMF-Schreibens

Bei den Vermietern werden die Telekommunikationsleistungen in der Regel zu Nebenleistungen zur Vermietung i. S. d. § 4 Nr. 12 UStG erklärt. Darauf aufbauend ordnet das BMF an, dass die Vermieter in diesem Fall keine Wiederverkäufer sind.  

Für die Wohnungseigentümergemeinschaften beschränkt sich das BMF auf die Feststellung, diese seien nicht Steuerschuldner, wenn die Telekommunikationsleistung als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistung an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergegeben wird. Wann die Telekommunikationsleistung unter § 4 Nr. 13 UStG fallen kann, lässt das BMF allerdings offen.

Diese Regelung soll in allen offenen Fällen gelten. Wurde für Leistungen vor dem 1. Juli 2022 das Reverse-Charge-Verfahren von den Beteiligten übereinstimmend angewendet, wird dies nicht beanstandet.

Bewertung der Regelung

Das BMF teilt seine Erwägungen nicht mit; offenbar liegt der Regelung aber der Gedanke zugrunde, dass Telekommunikationsleistungen in diesen Fällen ihren Charakter als Telekommunikationsleistungen verlieren.

Die Einordnung der Telekommunikationsleistung als Nebenleistung zur Vermietung ist überzeugend, da diese üblicherweise im Gefolge der Vermietung vorkommt, sie sinnvoll abrundet und ergänzt und damit der EU-rechtlichen Definition einer Nebenleistung entspricht. Dass die Telekommunikationsleistung damit von der Vermietung überlagert wird, ist auch ein zumindest nachvollziehbares Argument dafür, dass Vermieter keine Wiederverkäufer sind. Bei den Wohnungseigentümergemeinschaften geht das BMF davon aus, dass die Telekommunikationsleistung der Wohnungseigentümergemeinschaften eigenständig ist, also nicht als Nebenleistung gilt, unter die in § 4 Nr. 13 UStG genannten Leistungen der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen fallen kann, und dass damit kein Wiederverkauf mehr vorliegt. Eine Begründung für diesen Ansatz liefert das BMF nicht; denkbar erscheint allenfalls, die Telekommunikationsleistung als eine der Wärme ähnliche Leistung zu sehen.

Artikel 199a Abs. 1 lit. g) der MwStSystRL macht die Wiederverkäufereigenschaft beim optionalen Reverse-Charge-Verfahren für Telekommunikationsleistungen nicht zur Bedingung. Insofern ist die zusätzliche Aufnahme dieser Tatbestandsvoraussetzung durch den deutschen Gesetzgeber zulässig, weicht aber in diesem Punkt von Artikel 199a Abs. 1 lit. g) MwStSystRL ab. Dass das BMF in der Folge nicht nur die Vermieter, sondern auch die Wohnungseigentümergemeinschaften nicht als Wiederverkäufer qualifiziert, ist zwar nicht vollständig nachvollziehbar, begegnet aber keinen europarechtlichen Bedenken. Allerdings wäre eine solche Ausnahme aus unserer Sicht vom deutschen Gesetzgeber zu regeln gewesen, da sie jedenfalls mit Blick auf die Wohnungseigentümergemeinschaften mit dem Wortlaut von § 13b Abs. 5 S. 6 UStG nicht zu vereinbaren ist. Hierauf können sich Steuerpflichtige berufen.

Anmerkung zur Geltungsdauer

Das optionale Reverse-Charge-Verfahren für Telekommunikationsleistungen läuft gem. Art. 199a MwStSystRL eigentlich Ende Juni 2022 aus, soll aber auf Vorschlag der EU-Kommission nochmals bis Ende 2025 verlängert werden.

(Stand: 30.05.2022)