Nebenleistungen zu Hotelübernachtungen könnten ermäßigt zu besteuern sein - BFH-Beschluss XI B 2/21

Die reine Beherbergungsleistung (z.B. im Hotel) unterliegt in Deutschland dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%. Für Frühstück, Spa und andere Leistungen, die zusammen mit der Übernachtung angeboten werden, gilt hingegen bis jetzt der Regelsteuersatz; das Entgelt ist entsprechend aufzuteilen. Dies könnte unionsrechtswidrig sein. Der BFH hat deshalb in einem solchen Fall mit Beschluss vom 7. März 2022 (XI B 2/21) Aussetzung der Vollziehung gewährt.

Hintergrund: Vorrang der Einheitlichkeit der Leistung?

Bestandteile einer einheitlichen Leistung können unterschiedlich besteuert werden – so postulierte es der EuGH in den Fällen Talacre Beach Caravan Sales Ltd. (6. Juli 2006, C-251/05) sowie Kommission/Frankreich (6. Mai 2010, C- 94/09). Daher erschien es unbedenklich, dass der deutsche Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zwar für die Beherbergung selbst den ermäßigten Steuersatz anordnet, davon aber unmittelbar der Vermietung dienende weitere Leistungen ausnimmt. Das EuGH-Urteil in der Rechtssache Stadion Amsterdam CV (18. Januar 2018, C-463/16) las sich dann jedoch anders: Der EuGH entschied hier, dass sich bei zwei Leistungsbestandteilen, die zueinander im Haupt- und Nebenleistungs-Verhältnis stehen, der Steuersatz insgesamt nach der Hauptleistung richte. Es sei nicht zulässig, zwei verschiedene Steuersätze anzuwenden.

Bereits 2021 hatte der V. Senat des BFH vor diesem Hintergrund dem EuGH einen Fall zur Vorabentscheidung vorgelegt, bei dem es ebenfalls um eine einheitliche Leistung ging und bei der das Umsatzsteuergesetz eine unterschiedliche Besteuerung der Leistungsbestandteile anordnet: Die nach § 4 Nr. 12 S. 1 UStG steuerfreie Vermietung eines Grundstücks, bei der Betriebsvorrichtungen von der Steuerfreiheit ausgenommen sind (26. Mai 2021, V R 22/20; unseren Webbeitrag zu dieser EuGH-Vorlage finden Sie hier).

Übertragbarkeit auf Beherbergungsumsätze

Die Frage, was dies alles für Beherbergungsumsätze und die von der Steuerermäßigung ausgenommenen, unmittelbar der Vermietung dienenden weiteren Leistungen bedeutet, drängt sich auf. Nun endlich konnte sich der BFH mit einem solchen Fall befassen. Es ging um ein Hotel, das zusammen mit der Übernachtung auch Frühstück und den Zugang zur hoteleigenen Badelandschaft anbot und dieses Leistungspaket insgesamt mit dem ermäßigten Steuersatz versteuern wollte. Der XI. Senat des BFH hat hier die Vollziehung mit der Begründung ausgesetzt, es sei ernstlich zweifelhaft, ob das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung „Stadion Amsterdam“ mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Er schloss sich damit der EuGH-Vorlage des V. Senats an.

Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung erwartet und könnte den deutschen Gesetzgeber zur Neuregelung sowohl der Beherbergungsumsätze als auch der Vermietung von Grundstücken mit Betriebsvorrichtungen zwingen. Selbst wenn der EuGH, wie in Stadion Amsterdam, zu dem Ergebnis kommt, dass Bestandteile einer einheitlichen Leistung nicht unterschiedlich besteuert werden dürfen, müsste aber immer noch in jedem Einzelfall genau geprüft werden, ob tatsächlich eine einheitliche Leistung vorliegt – nicht alles, was zusammen abgerechnet wird, erfüllt automatisch die Voraussetzungen einer einheitlichen Leistung. Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte der unterschiedlichen Besteuerung nichts im Wege stehen.

Steuerbescheide offenhalten

Steuerpflichtige, die einheitliche Leistungen erbringen, deren Bestandteile für sich genommen unterschiedlich zu besteuern wären, sollten die entsprechenden Bescheide (weiterhin) offenhalten, wenn eine andere als die bisherige umsatzsteuerliche Behandlung für sie günstiger wäre. Für Hotelbetreiber gilt dies angesichts des neuen BFH-Beschlusses ganz besonders, da hier ggf. eine erhebliche Steuerentlastung erwartet werden kann.

(Stand: 03.06.2022)