Jahressteuergesetz 2022 – Vorsteuerabzug im Vergütungsverfahren und nachträgliche Abgabe der Zusammenfassenden Meldungen

Über eine wesentliche Änderung des UStG durch das JStG 2022 hatten wir hier bereits informiert: die Einführung eines Nullsteuersatzes für Umsätze im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen. Relevant ist darüber hinaus, dass der Vorsteuerabzug im Vergütungsverfahren in bestimmten Fällen ausgeschlossen wird und dass die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann noch erlangt werden kann, wenn der Lieferant die Lieferung zu spät in der Zusammenfassenden Meldung angibt.

Ausschluss vom Vorsteuerabzug im Vergütungsverfahren

Durch eine Änderung von § 18 Abs. 9 UStG sind Vorsteuerbeträge von der Vergütung ausgeschlossen, wenn eine Rechnung mit Umsatzsteuer ausgestellt wurde, obwohl

  1. bei einer Ausfuhrlieferung der ausländische Abnehmer oder ein von ihm Beauftragter die Ware transportiert hat (Abholfall) und die Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 UStG steuerfrei ist,
  2. eine steuerfreue innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt oder
  3. eine Lieferung vorliegt, die als innergemeinschaftliche Lieferung in Bezug auf § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG steuerfrei sein könnte, wenn also bis auf die Verwendung einer von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte USt-ID durch den Empfänger alle Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind.

In den Fällen 1 und 2 hat sich der ausländische Abnehmer in der Vergangenheit häufig die Umsatzsteuer vom BZSt vergüten lassen. Wenn der Lieferant erkannt hat, dass er zu Unrecht Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, hat er bei seinem Finanzamt die Erstattung beantragt, wohingegen der ausländische Abnehmer die Umsatzsteuer häufig nicht an das BZSt zurückgezahlt hat. Um dem entsprechenden Steuerausfall vorzubeugen, hatte die Finanzverwaltung bereits mit BMF-Schreiben vom 16.02.2016 in Abschn. 18.11 Abs. 1a UStAE eine der jetzigen Gesetzesänderung ähnliche Regelung eingefügt. Das BMF stellte fest, dass in diesen Fällen ein unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vorliegt. Für das Vergütungsverfahren ist auch auf EU-Ebene ausdrücklich geregelt, dass zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer nicht vergütet wird (Art. 171 Abs. 3 Buchst. a MwStSystRL und Art. 4 Buchst. a der RL 2008/9/EG). Insofern hat die gesetzliche Neuregelung nur klarstellende Wirkung und im Veranlagungsverfahren gelten diese Grundsätze natürlich ebenfalls.

Fall 3 ist hingegen neu und das Regelungsbedürfnis ergab sich erst durch die Einführung der Quick Fixes, durch die die Verwendung der USt-ID zur materiellen Voraussetzung der Steuerfreiheit erhoben wurde. Hat der Empfänger keine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-ID verwendet, ist die Lieferung nicht steuerfrei und der Umsatzsteuerausweis in der Rechnung erfolgt zu Recht, d. h., ein unrichtiger Steuerausweis i. S. d. § 14c Abs. 1 UStG liegt nicht vor. Dennoch wird im Vergütungsverfahren diese Vorsteuer nicht erstattet. Die Rechtsgrundlage dafür bietet Art. 171 Abs. 3 Buchst. b MwStSystRL.

Im Veranlagungsverfahren, d. h. bei in Deutschland umsatzsteuerlich registrierten Leistungsempfängern, ist die Erstattung der Vorsteuer weiterhin möglich. Reicht der Leistungsempfänger die USt-ID nach, entfaltet dies nach Abschn. 6a.1 Abs. 19 Satz 3 UStAE Rückwirkung, d. h., die Lieferung wird rückwirkend steuerfrei. Der Empfänger muss seinen Vorsteuerabzug dann rückgängig machen. Da er umsatzsteuerlich registriert ist, hat die Finanzverwaltung insoweit aber bessere Möglichkeiten, dies durchzusetzen, als im Vergütungsverfahren.

Nachträgliche Abgabe der Zusammenfassenden Meldung

Auch eine weitere Änderung hat ihren Ursprung in den Quick Fixes: § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG bestimmt seit ihrer Einführung, dass eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei ist, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat. Bis Ende 2022 enthielt die Vorschrift noch den Zusatz „§ 18a Abs. 10 bleibt unberührt“. § 18a Abs. 10 UStG regelt, dass der Unternehmer eine Zusammenfassende Meldung innerhalb eines Monats berichtigen muss, wenn er nachträglich erkennt, dass sie unrichtig oder unvollständig war. Daraus wurde teilweise geschlossen, dass auch die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Verstreichen der Monatsfrist nicht mehr erlangt werden kann. Mit Schreiben vom 20. Mai 2022 hatte das BMF klargestellt, dass die Steuerfreiheit rückwirkend zu gewähren ist, wenn die Zusammenfassende Meldung korrigiert oder nachgeholt wird. Geschieht dies nicht innerhalb eines Monats, kann zwar ein Bußgeld nach § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG verhängt werden, die Steuerfreiheit wird aber auch dann gewährt, wenn der Unternehmer die Zusammenfassende Meldung erst nach Ablauf der Monatsfrist korrigiert. Die Gesetzesänderung hebt den irreführenden Verweis auf.

Stand: 20. Januar 2023