Verkauf eines an den Käufer verpachteten Grundstücks kann Geschäftsveräußerung im Ganzen sein - BFH-Urteil XI R 8/19

Mit Urteil vom 24. Februar 2021 (XI R 8/19), veröffentlicht am 22. Juli 2021, entschied der BFH: Verkauft ein Unternehmer ein Grundstück an den bisherigen Pächter dieses Grundstücks, der es vor dem Verkauf teilweise untervermietet hatte, so liegt insoweit eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung (GiG)vor, wenn der bisherige Pächter diesen Grundstücksteil nach dem Verkauf weiterhin vermietet. Interessant ist die Abgrenzung zu einem früheren, ähnlichen Fall.

Mieter (der an Dritte untervermietet) kauft das Grundstück und vermietet weiter

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Kläger ein Grundstück gepachtet, das er teilweise eigenbetrieblich nutzte und teilweise untervermietete. Der Eigentümer dieses Grundstücks (A) verkaufte es später an den Kläger (den bisherigen Pächter). Damit erlosch der bisherige Pachtvertrag zwischen A und dem Kläger. Der Kläger setzte als nunmehriger Eigentümer die eigenbetriebliche Nutzung und die Vermietung (vormals Untervermietung) fort.

BFH: Identität der Mietverhältnisse für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht erforderlich

Der BFH entschied, der Verkauf des Grundstücks in Bezug auf den vom Kläger vermieteten Grundstücksteil sei eine partielle, nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG. Finanzamt und Finanzgericht hatten dies zuvor mit dem Argument abgelehnt, dass der zwischen A und dem Kläger bestehende Pachtvertrag beim Verkauf des Grundstücks nicht übergegangen sei – dies war in der vorliegenden Konstellation auch nicht möglich, da der Kläger nicht an sich selbst verpachten konnte.

Bezugnehmend auf die Rechtsprechung des EuGH führte der BFH aus, dass die nicht steuerbare (partielle) Geschäftsveräußerung im Ganzen die Übertragung eines Unternehmens(-teils) erfordere, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden könne. Dabei müsse der Erwerber beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben; er dürfe ihn dabei aber ändern oder modernisieren.

Vor diesem Hintergrund komme eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bezüglich des eigenbetrieblich genutzten Grundstücksteils nicht in Betracht, weil A damit ein Vermietungsunternehmen betrieb, der Kläger jedoch eine eigenbetriebliche Nutzung.

Der Kläger habe aber hinsichtlich des vor dem Verkauf von ihm selbst untervermieteten Teils die Vermietungstätigkeit des A fortgeführt. Dass das ursprüngliche Mietverhältnis zwischen A und dem Kläger durch den Verkauf erloschen war und demnach nicht konkret übergehen konnte, spiele keine Rolle. Es reiche aus, dass sich die unternehmerischen Tätigkeiten vor und nach dem Verkauf hinreichend ähnlich seien. Erforderlich sei demnach die Fortführung der Vermietungstätigkeit, nicht der Fortbestand eines konkreten Mietverhältnisses.

Entscheidend: Übernimmt der Erwerber das bestehende Vermietungsunternehmen oder begründet er ein eigenes?

Der BFH grenzte den vorliegenden Fall von einer Sachverhaltskonstellation ab, die einem seiner früheren Entscheidungen zugrunde lag: In seinem Urteil vom 3. Juli 2014 (V R 12/13 (NV)) ging es um den Verkauf einer vermieteten Immobilie, bei dem der Erwerber die Immobilie sogleich an den früheren Eigentümer vermietete. Dieser vermietete dann weiterhin an seine bisherigen Mieter – nun nicht mehr als Eigentümer, sondern in Form eines Zwischenmietverhältnisses. In diesem Fall hatte der BFH entschieden, es liege keine Übertragung eines Geschäftsbetriebes oder Unternehmensteils im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, weil die bisherigen Mietverhältnisse nicht auf den Erwerber übergegangen seien und der Verkäufer sein Vermietungsunternehmen auch nach dem Verkauf selbst weitergeführt habe. Der Erwerber habe kein Vermietungsunternehmen übernommen, sondern ein eigenes Vermietungsunternehmen begründet.

Einordnung, Praxishinweis

Die Entscheidung aus dem Jahr 2021 ist nicht allzu überraschend. Dass nicht in jedem Fall die Fortführung der bisherigen Mietverhältnisse erforderlich ist, hatte der BFH bereits mehrfach entschieden. Die Besonderheit dieses Falles lag allein in der zivilrechtlichen Konfusion, also in dem Zusammenfallen von Vermieter und Mieter in einer Person nach dem Verkauf.

Die Urteile aus 2021 und aus 2014 im Vergleich zeigen aber, wie sorgfältig der Verkauf von Immobilien und seine Einordnung als Geschäftsveräußerung im Ganzen geprüft werden müssen. Die beiden Fälle haben gemeinsam, dass der Verkäufer vor und der Käufer nach dem Verkauf ein Vermietungsunternehmen betrieben hat, wenn auch die konkreten Mietverhältnisse nicht identisch waren. Der Unterschied ist sehr fein: Wenn die Rechtsverhältnisse so gestaltet werden, dass der Veräußerer letztendlich dieselben Mietverhältnisse beibehält, verneint der BFH den für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen notwendigen Übergang eines Unternehmens.

In Zweifelsfällen empfiehlt sich die Einholung einer verbindlichen Auskunft vor dem Verkauf, sofern hierfür genug Zeit bleibt. Anderenfalls ist besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der Umsatzsteuerklausel zu legen, die, je nach Interessenlage, anders ausfallen kann.

(Stand: 06.08.2021)