Auch wenn ein Reverse-Charge-Grundstückskauf nicht erklärt wurde, sind § 15a-Korrekturen vorzunehmen - BFH-Urteil V R 33/18

In seinem Urteil vom 1. Februar 2022 (veröffentlicht am 27. Mai 2022, V R 33/18) entschied der BFH: Wer den steuerpflichtigen Erwerb eines Grundstücks nicht ordnungsgemäß als Reverse-Charge-Umsatz erklärt und in die Umsatzsteuervoranmeldung weder die Umsatzsteuer noch die Vorsteuer einträgt, muss trotzdem Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG vornehmen.

Hintergrund

Der Verkauf eines Grundstücks ist nach § 4 Nr. 9 lit. a UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Soweit der Käufer das Grundstück für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden beabsichtigt, wird der Verkäufer allerdings regelmäßig gem. § 9 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten, bzw. anders gewendet, zur Umsatzsteuer optieren. Die Steuerschuld geht dann gem. § 13b Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 S. 1 UStG auf den Käufer über. Er muss seinen Erwerb als Reverse-Charge-Umsatz in die Umsatzsteuervoranmeldung aufnehmen und kann in gleicher Höhe den Vorsteuerabzug geltend machen, sodass es insoweit zu keiner Zahllast kommt. Allerdings gilt auch für diesen Vorsteuerabzug die Berichtigungspflicht nach § 15a: Verwendet der Käufer das Grundstück innerhalb eines zehnjährigen Berichtigungszeitraums anders als ursprünglich beabsichtigt, muss er die beim Erwerb abgezogene Vorsteuer berichtigen.

BFH-Fall: Grundstückskauf wurde nicht erklärt

In dem Fall, der dem BFH-Urteil zugrunde lag, hatte eine Vorgängergesellschaft der Klägerin ein Grundstück gekauft, das sie im Zeitpunkt des Erwerbs zu 71,41 % für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu nutzen beabsichtigte. In dieser Höhe hatte der Verkäufer zur Umsatzsteuer optiert. Die Vorgängergesellschaft erfasste den Erwerb dieses Grundstücks nicht in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung – weder den Reverse-Charge-Eingangsumsatz, noch den korrespondierenden Vorsteuerbetrag. Später wurde die Vorgängergesellschaft auf die Klägerin verschmolzen, sodass das Grundstück in das Eigentum der Klägerin überging und sie in den bereits angelaufenen zehnjährigen Berichtigungszeitraum eintrat.

Innerhalb des zehnjährigen Berichtigungszeitraums änderte die Klägerin die Nutzung des Grundstücks und vermietete es zunächst nur noch zu 27,7 % umsatzsteuerpflichtig und später gänzlich umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt setzte daher eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG fest. Die Klägerin argumentierte jedoch, eine Berichtigung nach § 15a setze voraus, dass ursprünglich ein Vorsteuerabzug geltend gemacht worden sei. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, weil die Vorgängergesellschaft den Grundstückserwerb nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen habe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

BFH-Entscheidung: Beides erklären oder beides nicht erklären macht keinen Unterschied

Der BFH entschied, ein ursprünglicher Vorsteuerabzug habe vorgelegen, auch wenn der Grundstückserwerb nicht erklärt wurde. Entscheidend dafür sei nämlich gem. § 157 Abs. 1 S. 2 AO nur die festgesetzte Steuer. Ob im Erklärungsvordruck unter „Vorsteuer aus § 13b (…)“ etwas eingetragen worden sei, berühre aber lediglich die der festgesetzten Steuer zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen. Da sich beim Reverse-Charge-Umsatz Umsatzsteuer und Vorsteuer aufheben, mache es keinen Unterschied, ob beides ordnungsgemäß erklärt, oder ob beides nicht erklärt wird. Somit stelle auch die Nichterklärung von Umsatzsteuer und Vorsteuer einen geltend gemachten Vorsteuerabzug dar. Deshalb müsse der Kläger eine § 15a-Berichtigung hinnehmen.

Einordnung

Die Entscheidung des BFH ist nicht überraschend. Am „ursprünglichen Vorsteuerabzug“ i. S. d. § 15a UStG würde es nur dann fehlen, wenn der Erwerber die Ausgangsumsatzsteuer erklärt, den korrespondierenden Vorsteuerabzug aber nicht geltend macht. Eine andere Würdigung würde dem System der Mehrwertsteuer widersprechen.

(Stand: 14.06.2022)