BFH bestätigt Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter und sieht keine Hindernisse an einer Besteuerung als Spekulationsgeschäfte

02.03.2023. Nachdem bereits das FG Köln (Urteil vom 25.11.2021, 14 K 1178/20) Tausch- und Verkaufsvorgänge von Kryptowährungen (im Streitfall Bitcoin, Ethereum und Monero) als steuerpflichtige Spekulationsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG einschätzte, hat der IX. Senat des BFH dies in der Revisionsentscheidung bestätigt (Urteil vom 14.02.2023, IX R 3/22). Auch ist die Besteuerung von Kryptowährungen nicht aufgrund eines sogenannten normativen Vollzugsdefizits verfassungswidrig.

Hintergrund

Der Kläger tauschte im Jahr 2017 mehrfach seine Kryptowährungen von Bitcoin über Ethereum zu Monero und wieder zurück zu Bitcoin. Im Anschluss verkaufte er seinen Bitcoin-Bestand im November und Dezember des gleichen Jahres in kleinerer Stückelung und ermittelte einen Gewinn in Höhe von 3.441.261,70 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte diesen Gewinn als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne von § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dagegen wandte sich der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren mit der Begründung, dass die gehandelten Kryptowährungen aus technischer Sicht lediglich verschlüsselte Datenpakete bzw. „Signaturketten“ seien und damit nicht unter den steuerlichen Begriff des Wirtschaftsguts fallen. Weiterhin führte der Kläger aus, dass ein sogenanntes normatives Vollzugsdefizit vorliege, sodass eine Besteuerung verfassungswidrig sei. Das FG Köln ist den Argumenten des Klägers nicht gefolgt. 

BFH-Entscheidung in Kürze

Der IX. Senat hat die Entscheidung des FG Köln vollumfänglich bestätigt; die Gewinne aus den Tausch- und Verkaufsvorgängen im Jahr 2017 sind daher als private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG steuerpflichtig.

Im Wesentlichen hat der BFH in den Entscheidungsgründen dargelegt, dass Kryptowährungen als Wirtschaftsgut zu qualifizieren sind. Die vom Kläger (und in der Fachliteratur) geäußerte Kritik, dass ein rein digitaler Eintrag die Begriffsdefinition des Wirtschaftsguts nicht erfülle, hat der BFH aufgenommen und jedes einzelne Tatbestandsmerkmal erläutert. Vereinfacht gesagt kann nach Auffassung des Senats auch in bloßen Zuständen ein wirtschaftlicher Vorteil liegen, sofern durch die Marktgängigkeit dieser Position ein Wert beigemessen wird. Aufgrund der Handelbarkeit der Kryptowährungen auf verschiedensten Portalen ist diese Marktgängigkeit gegeben, sodass ein wirtschaftlicher Vorteil für den Inhaber von Kryptotoken vorliegt. Aufgrund der getätigten Tausch- und Verkaufsvorgänge im Jahr 2017 war dementsprechend § 23 EStG anzuwenden, sodass eine Steuerpflicht hinsichtlich des ermittelten Gewinns besteht.

Des Weiteren ging es um die Rechtsfrage, ob § 23 EStG aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig sei. Ein solches liegt vor, wenn eine Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens in prinzipieller Weise verfehlt wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine notwendige Datenerhebung an gesetzlichen Regelungen scheitert. Der Umstand, dass aufgrund erschwerter Prüfbarkeit und entsprechend geringerer Aufgriffswahrscheinlichkeit durch die Finanzverwaltung ein Vollzugsmangel besteht, genügt für eine Verfassungswidrigkeit der Norm nicht. Dem Gesetzgeber steht eine Reaktionszeit zu, um die benannten Vollzugsmängel mit der Einführung neuer Kontrollmaßnahmen zu beheben. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Reaktionszeit im Streitjahr (2017) und auch gegenwärtig noch nicht überschritten. Beispielsweise besteht auch schon jetzt die Möglichkeit, durch Auskunftsersuchen bei den Krypto-Handelsplattformen die entsprechenden Auskünfte einzuholen.

Praxishinweise

Die Entscheidung des BFH war im Ergebnis zu erwarten, wenn auch viele Steuerpflichtige auf eine Nichtsteuerbarkeit der Gewinne hofften. Bislang nicht erklärte Gewinne aus Spekulationsgeschäften mit Kryptowährungen sind daher dringend anzuzeigen – erforderlichenfalls auch im Wege von Selbstanzeigen.

Immerhin sind materiell-rechtliche Fragestellungen nunmehr höchstrichterlich geklärt, sodass dahin gehend Rechtssicherheit besteht.

Weiterhin bleiben aber weite Teile der offenen Fragen im Umgang mit Kryptowährungen und insbesondere auch mit Non-Fungible Tokens (NFT) für die Praxis ungeklärt. Insbesondere hinsichtlich der steuerlichen Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten ist auch weiterhin nicht einmal eine final veröffentlichte Verlautbarung der Finanzverwaltung ersichtlich. Demnach bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.