Der neue Richtlinienentwurf zur Reduzierung von Briefkastengesellschaften

Am 22. Dezember 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen wichtigen Richtlinienentwurf, welcher Einfluss auf eine Vielzahl von Steuerzahlern haben wird. Eine dieser Richtlinien wird gemeinhin als ATAD3 oder die Unshell-Richtlinie bezeichnet (im Folgenden auch „Richtlinie“).

Die Richtlinie ist noch nicht in Kraft getreten; sie soll jedoch bis zum 30. Juni 2023 in nationales Recht umgesetzt werden und am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Im Wesentlichen bringt die Richtlinie eine erhöhte Berichtspflicht und eine Reihe von steuerlichen Konsequenzen für „shell entities“ mit sich.

Welche Ziele verfolgt der Richtlinienentwurf?

Der Richtlinienentwurf zielt darauf ab, Gesellschaften ohne ausreichende Substanz innerhalb der EU zu identifizieren und zu sanktionieren. Gesellschaften, welche die Substanzanforderungen nicht erfüllen und nicht in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelungen fallen, werden zusätzliche Berichtspflichten auferlegt. Auch die aus einem Doppelbesteuerungsabkommen oder EU-Steuerrichtlinien (wie z. B. über die Zinsen und Lizenzgebühren und die Mutter-Tochter-Richtlinie) resultierenden Vorteile werden nicht mehr gewährt.

Durch den Richtlinienentwurf wird der automatische Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten von Informationen über Gesellschaften, welche in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, verbessert. Dies betrifft nicht lediglich Briefkastengesellschaften. 

Wann ist der Anwendungsbereich des Richtlinienentwurfs eröffnet?

Dies wird anhand des sogenannten „Gateway“-Tests ermittelt. Zu den „Gateway“-Tests gehören Kriterien, welche als typisch für Briefkastengesellschaften angesehen werden. Diese sind das Erzielen von passivem Einkommen, grenzüberschreitendes Vermögen oder Einkommen und ausgelagerte Verwaltung des Tagesgeschäfts.

Welche Meldepflichten bestehen?

Gesellschaften, welche die „Gateway“-Tests erfüllen, müssen in ihrer Steuererklärung darlegen, ob diese die Mindestsubstanzanforderungen erfüllen. Zu diesen Mindestanforderungen zählen (i) eigene Räumlichkeiten, ein (ii) aktives europäisches Bankkonto und dass (iii) die Geschäftsführung nicht zusätzlich bei einem nicht verbundenen Unternehmen tätig ist oder die Mitarbeiter im selbigen Mitgliedstaat ansässig sind, wie die Gesellschaft.

Gesellschaften, welche die „Gateway“-Tests erfüllen, jedoch nicht die notwendige Substanz vorweisen können, gelten als „shell entities“ im Rahmen dieser Richtlinie. Die Vermutung der fehlenden Substanz ist jedoch widerlegbar.

Was sind die steuerlichen Folgen für eine „shell entity“?

Wenn eine Gesellschaft als „shell entity“ qualifiziert wird, hat dies nachfolgende Auswirkungen:

  • Die Gesellschaft erhält keine oder eine eingeschränkte Ansässigkeitsbescheinigung.
  • Die aus einem Doppelbesteuerungsabkommen oder EU-Steuerrichtlinien (wie z. B. über die Zinsen und Lizenzgebühren und die Mutter-Tochter-Richtlinie) resultierenden Vorteile können von anderen Mitgliedstaaten verwehrt werden.
  • Die Besteuerungsrechte werden neu aufgeteilt, wie zum Beispiel:
    • Der EU-Mitgliedstaat, in welchem die Gesellschafter ansässig sind, erhält das Besteuerungsrecht für die Einkünfte der „shell entity“. Die gezahlte Steuer der „shell entity“ wird hiervon abgezogen.
    • Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden vom Belegenheitsmitgliedstaat besteuert.
  • Sofern die Gesellschafter nicht in der EU ansässig sind, behalten die Mitgliedstaaten Steuern auf Zahlungen an die Gesellschaften ein.
  • Bei Nichteinhaltung von einschlägigen Meldepflichtigen können die Mitgliedstaaten Sanktionen verhängen. Die Art der Sanktionen steht im Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten. Die Mindeststrafe beträgt 5 Prozent des Umsatzes der „shell entity“. 

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