Das neue Lobbyregistergesetz

Am 1. Januar 2022 ist das Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters für die Interessenvertretung gegenüber Bundestag und Bundesregierung (Lobbyregistergesetz – LobbyRG) in Kraft getreten. Das neue Gesetz verlangt die „unverzügliche“ Eintragung von Interessenvertreter*innen in das neu geschaffene Lobbyregister. Die Nichteintragung von zur Eintragung verpflichteten natürlichen oder juristischen Personen wird mit Sanktionen belegt, darunter empfindliche Bußgelder. Zu beachten ist auch der öffentliche Reputationsschaden, der sich aus einer Pflichtverletzung ergeben kann. Viele Unternehmen, aber auch sehr viele Einrichtungen im privaten und öffentlichen Bereich stehen deshalb in diesen Tagen vor der Frage, ob sie rechtlich zur Eintragung in das neue Register verpflichtet sind.

Wer ist von der Registrierungspflicht betroffen?

Entsprechend der Systematik des Gesetzes empfiehlt sich ein Vorgehen in 3 Schritten:

1)     Ist eine Interessenvertretung im Sinne des LobbyRG gegeben?

2)     Ist eine Registrierungspflicht grundsätzlich gegeben (Erheblichkeitsschwelle)?

3)     Fällt Ihr Unternehmen bzw. Ihre Einrichtung unter eine Ausnahmeregelung?

1) Interessenvertretung

Eine Registrierungspflicht besteht für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter. Dabei wird der Kreis der infrage kommenden Adressaten sehr weit gefasst. Alle natürlichen und juristischen Personen, Personengesellschaften und Organisationen, die Interessenvertretung selbst betreiben oder in Auftrag geben, unterliegen einer Registrierungspflicht. Auch Netzwerke, Plattformen oder sonstige Formen kollektiver Tätigkeit können hierunter fallen.

Unter Interessenvertretung versteht man alle Kontaktaufnahmen zum Zwecke der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Entscheidungs- und Willensbildungsprozess von Mitgliedern, Fraktionen, Organen oder Gruppen des Deutschen Bundestags oder der Bundesregierung. Der Anwendungsbereich in der Bundesregierung betrifft alle Kontaktaufnahmen von Unterabteilungsleiter*in bis Minister*in.

Damit fällt eine Vielzahl von Tätigkeiten unter den Begriff der Interessenvertretung. Ein eigenes Interesse ist nicht notwendig, sodass auch das Vertreten fremder Interessen für das Vorliegen einer Interessenvertretung genügt.

Hinweis: Die Initiative der Interessenvertretung muss immer von Ihnen (oder Ihrem*Ihrer Auftraggeber*in) ausgehen. Keine Interessenvertretung liegt vor, wenn Sie auf Ersuchen (oder Einladung) von Bundestag oder Bundesregierung eine Einschätzung abgeben oder in anderer Weise „Einfluss nehmen“, die Initiative also nicht von Ihnen ausgeht.

2) Registrierungspflicht

Eine Pflicht zur Eintragung besteht nur, wenn die Interessenvertretung eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Diese Erheblichkeitsschwelle ist überschritten, wenn die Interessenvertretung regelmäßig betrieben wird, auf Dauer angelegt ist, geschäftsmäßig für Dritte betrieben wird oder wenn in den letzten drei Monaten mehr als 50 unterschiedliche Interessenvertretungskontakte aufgenommen wurden (es genügt also, wenn eine der vorgenannten Alternativen gegeben ist).

Hinweis: Die Erheblichkeitsschwelle liegt nicht besonders hoch. So hat die Bundestagsverwaltung darauf hingewiesen, dass eine regelmäßige Interessenvertretung bereits ab der dritten Kontaktaufnahme anzunehmen ist, wenn auch künftige Kontaktaufnahmen in einem nicht allzu großen Zeitabstand beabsichtigt sind. Ferner liegen nach Einschätzung der Verwaltung bereits dann 50 Kontaktaufnahmen vor, wenn in einer einzigen E-Mail, beispielsweise zu einem Gesetzgebungsvorhaben, 50 Bundestagsabgeordnete in der Adressleiste stehen.

3) Ausnahmen

Zu beachten ist, dass das Gesetz zahlreiche Ausnahmen vorsieht, die die Registrierungspflicht entfallen lassen.

Die Ausnahmen sind jedoch nach der insofern maßgeblichen Auslegung der Bundestagsverwaltung eng auszulegen. Beispielsweise sind politische Stiftungen, auswärtige Kultureinrichtungen, Kirchen oder Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände von der Geltung ausgenommen.

Hinweis: Unsere öffentlichen Mandanten möchten wir vor allem auf eine Ausnahmevorschrift hinweisen: Körperschaften und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts, öffentliche Universitäten, Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts), die durch ihre Vertreter*innen, Bediensteten oder Angestellten in Erfüllung des ihnen übertragenen Aufgabenkreises tätig werden, sind nach Auslegung der Bundestagsverwaltung nicht eintragungspflichtig. Eintragungspflichtig ist aber eine Interessenvertretung, die durch juristische Personen des privaten Rechts erfolgt, auch wenn diese von der öffentlichen Hand beherrscht werden (z. B. Bundesunternehmen, Bundesstiftungen des bürgerlichen Rechts). Damit ist die Eintragung im öffentlichen Sektor letztlich von der Rechtsform der Einrichtung abhängig!

Wenn die Interessenvertretung nicht die Erheblichkeitsschwelle überschreitet oder die Registrierungspflicht aufgrund Vorliegens einer Ausnahme entfällt, besteht die Möglichkeit, sich freiwillig zu registrieren. Eine freiwillige Eintragung unterliegt jedoch denselben Regeln wie die pflichtige Eintragung. Insbesondere sind auch die freiwillig Eingetragenen an alle Pflichten zur Aktualisierung, Wahrheitsgemäßheit usw. gebunden und können genauso wie die Eintragungspflichtigen sanktioniert werden.

Was beinhaltet die Eintragung?

Unterfällt man der Registrierungspflicht, müssen natürliche Personen ihren Familiennamen, Geburtsnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift und ihre elektronischen Kontaktdaten angeben.

Juristische Personen, Personengesellschaften und sonstige Organisationen geben ihre Firma, Name oder Bezeichnung der Organisation, deren Webseite, E-Mail-Adresse, Anschrift, Mitgliederzahl, Mitgliedschaften und die Rechtsform oder Art der Organisation an. Außerdem werden die Personalien der gesetzlichen Vertreter*innen oder sonstigen vertretungsberechtigen Personen sowie der Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben, erfasst.  

Juristische Personen müssen zusätzlich Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte, falls keine handelsrechtlichen Offenlegungspflichten bestehen, in das Register aufnehmen.

Für alle Interessenvertreter*innen gilt außerdem, dass sie ihren Interessenbereich, Tätigkeit, Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung und die Personalien des Auftraggebers angeben müssen.

Angaben zu den jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung, Zuwendungen und Zuschüsse der öffentlichen Hand und Schenkungen Dritter oder zu Jahresabschlüssen sind zwar freiwillig, jedoch wird die verweigerte Auskunft hierzu im Lobbyregister veröffentlicht (Prinzip des naming and shaming). Ferner „sollen“ Interessenvertreter*innen, die diese Angaben verweigern, nicht mehr von der Bundesregierung bei Gesetzesvorhaben beteiligt werden oder an Anhörungen der Bundestagsausschüsse teilnehmen.

Schließlich muss bei Registrierung auch ein „Verhaltenskodex“, der die Grundsätze der Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität beinhaltet, akzeptiert werden. Bei Verstößen gegen diese Grundsätze werden diese auch im Lobbyregister veröffentlicht.

Wann muss die Registrierung erfolgen?

Betroffene von der Registrierungspflicht müssen sich unverzüglich eintragen lassen. Dabei ist die gesetzliche Frist noch gewahrt, wenn die Registrierung innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt, also bis zum 28. Februar 2022. Außerdem muss die Registrierung grundsätzlich mindestens einmal jährlich aktualisiert werden, Angaben zu den Eckdaten sind jedoch bis zum Ende eines Quartals und Angaben zur Identität von Auftraggeber*innen sogar unverzüglich im Falle einer Änderung einzutragen.

Was passiert, wenn die Registrierung nicht beachtet wird?

Wer sich trotz einer bestehenden Registrierungspflicht nicht einträgt oder die Eintragung unrichtig, unvollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Außerdem werden Verstöße im Lobbyregister veröffentlicht.

Zusammenfassung

Einzelpersonen, Unternehmen oder andere juristische Personen, die oder deren Vertreter*innen in mehr als nur einmaligem Kontakt mit Mitgliedern oder Mitarbeiter*innen der Bundesregierung oder des Bundestags stehen oder in Zukunft treten wollen (oder eine solche Kontaktaufnahme zum Beispiel durch eine Agentur oder Kanzlei in Auftrag geben wollen), sollten die hier genannten Anforderungen bis zum 28. Februar 2022 prüfen. Angesichts der Bußgeldandrohung und des öffentlichen Reputationsschadens im Falle von Verstößen gegen das neue Gesetz sollte in Zweifelsfällen rechtlicher Rat gesucht werden. Als Ansprechpartner*innen hierfür stehen Ihnen unsere Expert*innen gern zur Verfügung.

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