Anwendung des öffentlichen Preisrechts bei mittelbaren Leistungen

Das OVG Münster hat sich im Beschluss vom 9. April 2020 mit der Anwendung des öffentlichen Preisrechts auf sog. mittelbare Leistungen befasst. Gegenstand des Verfahrens war eine Abfallgebührenkalkulation. In die Kalkulation wurden Fremdleistungskosten einer Abfallgesellschaft einbezogen. Diese hatte wiederum Stadtwerke mit der Verbrennung der Abfälle beauftragt. Die Stadtwerke waren damit mittelbarer Fremdleister aus Sicht des Aufgabenträgers.

Das OVG stellt fest, dass die mittelbaren Leistungen vorliegend keiner preisrechtlichen Kontrolle unterzogen werden müssen. Die Geltung des öffentlichen Preisrechts für das mit dem mittelbaren Fremdleister vereinbarte Entgelt sei weder nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 VO Nr. 30/53 auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers vereinbart worden, noch folge eine Verpflichtung zur Durchsetzung einer solchen Vereinbarung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Die Geltung des Preisrechts für das Verbrennungsentgelt folgt ferner nicht daraus, dass sich die Abfallgesellschaft verpflichtet hatte, die Abfälle entsprechend dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu behandeln, wozu auch die Verbrennung gehört. Dass der unmittelbare Auftragnehmer Leistungen zu erbringen hat, die er selbst nicht in vollem Umfang durchführen kann, sei es dass ihm die technischen Voraussetzungen dafür fehlen, sei es dass es unwirtschaftlich wäre, bestimmte Teile der Gesamtleistung im eigenen Betrieb zu erbringen, stellt gerade den typischen Anwendungsfall der in § 2 Abs. 4 Nr. 1 VO PR Nr. 30/53 geregelten mittelbaren Leistungen dar. Auch wenn es gesellschaftsrechtliche Beteiligungen und sogar personelle Verbindungen zwischen den genannten Gesellschaften gibt, handelt es sich gleichwohl um rechtlich selbstständige juristische Personen und nicht etwa um „eigene Vorbetriebe“ i. S. v. Nr. 19 LSP. Auf eine räumliche Trennung kommt es nicht an.

Eine unzulässige Umgehung des öffentlichen Preisrechts hat das OVG Münster vorliegend verneint.

Die Rüge des Klägers, dass die Gewinne aus der Strom- und Fernwärmeerzeugung der Müllverbrennungsanlage, die durch die Stadtwerke betrieben wird, gebührenmindernd bei der Kalkulation der Verbrennungsentgelte zu berücksichtigen gewesen wären, hatte daher keinen Erfolg.

Hinweis: Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall. In anderen Entscheidungen wurde eine Ausweitung der Anwendung des Preisrechts auf sog. mittelbare Leistungen von den Gerichten angenommen (keine „Flucht aus dem Preisrecht“).

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