Rollout intelligenter Messsysteme beginnt

Geplant war er ursprünglich für 2017, jetzt kann er mit drei Jahren Verspätung starten – der Rollout intelligenter Messsysteme. Als Teil der Digitalisierung der Energiewende ist die Ausstattung einer breiten Menge an Energieverbrauchern mit intelligenten Zählern essenziell.

§ 30 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) regelt, dass der Einbau intelligenter Messsysteme und damit der Start des Rollouts erst dann technisch möglich ist, wenn mindestens drei Unternehmen solche Systeme am Markt anbieten, die den Anforderungen des § 24 MsbG standhalten und die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert wurden.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat am 31.1.2020 (unter dem Az: 610 01 04 /2019_001) folgende  Allgemeinverfügung erlassen:

Allgemeinrechtsverfügung
zur Feststellung der technischen Möglichkeit zum  Einbau intelligenter Messsysteme

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Godesberger Allee 185–189, 53175 Bonn hat am 31.1.2020 folgende Entscheidung getroffen:

  1. Es wird festgestellt, dass drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) genügen und damit die technische Möglichkeit zum Einbau von intelligenten Messsystemen besteht, soweit Messstellen bei Letztverbrauchern an Zählpunkten in der Niederspannung mit einem Jahresstromverbrauch von höchstens 100.000 Kilowattstunden ausgestattet werden sollen und bei diesen Messstellen keine registrierende Lastgangmessung erfolgt und keine Vereinbarung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) besteht.
  2. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.
  3. Die Verfügung gilt mit dem 24.02.2020 als bekannt gegeben.

In seiner Begründung weist das BSI darauf hin, dass das Messstellenbetriebsgesetz vom 29.8.2016 (BGBl. I S. 2034), das durch Artikel 15 des Gesetzes vom 22.12.2016 (BGBl. I S. 3106) geändert worden ist, Messstellenbetreiber zum Einbau intelligenter Messsysteme verpflichtet. Ein intelligentes Messsystem ist eine über ein Smart-Meter-Gateway (§ 2 Nr. 19 MsbG; SMGW) in ein Kommunikationsnetz eingebundene moderne Messeinrichtung (§ 2 Nr. 15 MsbG). Das SMGW ermöglicht als zentrale Kommunikationsplattform des intelligenten Messsystems die sichere Umsetzung vielfältiger Anwendungsfälle sowie Szenarien und wird zum Treiber für Innovationen und Digitalisierung. Damit sichergestellt ist, dass alle Beteiligten ihre Pflichten aus dem Messstellenbetriebsgesetz fristgerecht erfüllen können, ist der verpflichtende Rollout-Start an die Feststellung der technischen Möglichkeit des Einbaus intelligenter Messsysteme durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik geknüpft (vgl. § 30 MsbG). Die Voraussetzung für die Feststellung der technischen Möglichkeit durch das BSI ist, dass intelligente Messsysteme von mindestens drei unabhängigen Unternehmen am Markt angeboten werden. Dies ist nunmehr der Fall.

Damit intelligente Messsysteme sicher betrieben werden können, muss neben drei Anbietern von entsprechenden Geräten auch eine funktionsfähige Infrastruktur, in die die intelligenten Messsysteme eingebunden werden können, zur Verfügung stehen. Hierzu zählen Dienstleistungen für den sicheren ITBetrieb (Smart-Meter-Gateway-Administration), eine vertrauenswürdige Kommunikationsinfrastruktur (Smart-Metering- Public-Key-Infrastruktur) und die Möglichkeit, die intelligenten Messsysteme in die Marktkommunikation einzubinden. Auch insoweit besteht nach dem BSI ein ausreichendes Angebot an unterschiedlichen Dienstleistungsangeboten am Markt.

Auf der Grundlage des § 41 Abs. 4 S. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) hat das BSI die Bestimmung eines fiktiven Bekanntgabetermins vorgenommen, und zwar den 24.2.2020.

Nach § 45 Abs. 2 MsbG müssen alle Versorgungsunternehmen, die grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) bleiben wollen, binnen drei Jahren 10 % der betroffenen Messstellen im Sinne des MsbG entsprechend ausstatten. Wird die Quote nicht erfüllt, muss aufgrund von § 45 Abs. 2 MsbG ein Verfahren zur Übertragung der Grundzuständigkeit für den Messstellenbetrieb von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen auf einen anderen Messstellenbetreiber durchgeführt werden.

Die Markterklärung gilt vorerst für Letztverbraucher zwischen 6.000 und 100.000 kWh (vgl. Ziffer 1 der Allgemeinverfügung). Für (u. a.) Letztverbraucher mit mehr als 100.000 kWh Jahresverbrauch oder solche mit RLM-Messung stellt das BSI zum aktuellen Zeitpunkt keine technische Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme fest.

Beim Einbau der Messeinrichtungen haben die grundzuständigen Messstellenbetreiber die Vorschriften des MsbG zu beachten. Hinsichtlich der Informationspflicht der betroffenen Abnehmer und Anlagenbetreiber gilt § 37 Abs. 2 MsbG. Diese müssen danach mindestens drei Monate vor der Ausstattung auf diese sowie die Möglichkeit der Wahl eines Messstellenbetreibers hinweisen.

Diese Norm hat das LG Dortmund in seinem Urteil vom  22.1.2019 (Az.: 25 O 282/18) auch als verbraucherschützend angesehen. In dem dort entschiedenen Fall hatte ein Verbraucherschutzverband gegen einen Netzbetreiber geklagt, der Kunden den Zählerwechsel mit einer kürzeren Vorlaufzeit angekündigt hatte, als § 37 Abs. 2 MsbG es vorsieht. Eine Einwilligung zu einem kurzfristigeren Wechsel kann nach dem Urteil auch nicht in dem Ankündigungsschreiben liegen. Dies gilt ungeachtet der theoretischen Möglichkeit der Verbraucher, dem Wechseltermin zu widersprechen.

Neben den Messstellenbetreibern entstehen durch den Smart- Meter-Rollout auch weitergehende Anforderungen für die Energievertriebe. So sind Lieferanten nach § 40 Abs. 3 Satz 3 EnWG verpflichtet, Letztverbrauchern, deren Verbrauchswerte über ein intelligentes Messsystem im Sinne des MsbG ausgelesen werden, eine monatliche Verbrauchsinformation, die auch die Kosten widerspiegelt, kostenfrei bereitzustellen. Künftig wird es entscheidend sein, die neuen Möglichkeiten zu nutzen und den Kunden echte Mehrwerte (Innovationen und Digitalisierung) zu bieten.

Daher ist es nun an den gMSB und den Energievertrieben, die neuen Herausforderungen rechtzeitig anzugehen. Für Unterstützung und Fragen hierzu stehen wir gern zur Verfügung.

Autoren

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