Überprüfung des Sanierungserlasses durch den BFH

Mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben) vom 27. März 2003 regelt die Finanzverwaltung durch ihren sogenannten „Sanierungserlass“, unter welchen Voraussetzungen ein Sanierungsgewinn eines Unternehmens von der Besteuerung ausgenommen werden kann. Verzichtet der Gläubiger eines Unternehmens auf die Begleichung einer Verbindlichkeit des Unternehmens, löst dieser Verzicht auf Ebene des Schuldnerunternehmens einen Ertrag aus, der grundsätzlich zu versteuern ist.

Da aber im Regelfall der Verzicht eines Gläubigers auf die Rückzahlung seiner Forderung (z. B. eine Darlehensforderung) nur zum Zwecke der Sanierung des Schuldnerunternehmens erfolgt, würde die Besteuerung des durch den Verzicht ausgelösten Sanierungsgewinns eine Belastung auslösen, die nicht beabsichtigt und möglicherweise auch nicht tragbar ist. Aus diesem Grund hatte der Gesetzgeber bis zum Jahre 1997 die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinnes vorgesehen (§ 3 Nr. 66 EStG). Nach Abschaffung dieser gesetzlichen Regelung behilft sich die Finanzverwaltung mit dem Sanierungserlass. Der Sanierungserlass tritt damit an die Stelle der alten gesetzlichen Regelung des § 3 Nr. 66 EStG. Inhalt des Sanierungserlasses ist u. a., dass ein Sanierungsgewinn unter Außerachtlassung der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG mit vorhandenen Verlusten verrechnet werden kann. Eine dann noch entstehende Steuer aufgrund eines Sanierungsgewinnes kann gestundet bzw. erlassen werden.

Die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses ist sehr umstritten. Insbesondere wird ausgeführt, dass nach Abschaffung der gesetzlichen Regelung des § 3 Nr. 66 EStG kein Raum mehr besteht für eine Verwaltungsanweisung, die inhaltlich der gesetzlichen Regelungen nahekommt. Es wird daher argumentiert, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns verstößt. Selbst die Senate des BFH sind insoweit unterschiedlicher Auffassung. Daher hat nun der X. Senat des BFH mit Beschluss vom 25.3.2015 den Großen Senat des BFH angerufen. Eine solche Anrufung erfolgt, wenn die Senate des BFH in einer Rechtsfrage unterschiedlicher Auffassung sind. Die vorgelegte Rechtsfrage des X. Senates lautet schlicht, ob der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Es ist zu hoffen, dass nach Entscheidung des Großen Senates die bisherige Rechtsunsicherheit nicht mehr besteht. Entweder wird der Große Senat entscheiden, dass der Sanierungserlass nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, oder er wird, wenn der Große Senat anderer Auffassung ist, nicht mehr anzuwenden sein. Es stellt sich dann die Frage, ob der Gesetzgeber wieder eine Regelung einführen wird, wie sie schon einmal bestanden hat. In der Zwischenzeit wird man die Anwendung des Sanierungserlasses rechtssicher nur mit einer verbindlichen Auskunft empfehlen können.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.