Rechtliche Fallstricke bei Wahlleistungsabreden

01.03.2017 – Handlungsbedarf bei Krankenhausträgern: Das Jahr 2016 brachte einige gerichtliche Entscheidungen, die die Überprüfung der bestehenden Ausgestaltung von Wahlleistungsabreden sinnvoll erscheinen lassen.

Wortgetreue Umsetzung von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG

Die Entscheidung des Landgerichts (LG) Stuttgart, Urteil vom 4.5.2016 – 13 S 123/15, legt nahe, den Wortlaut der verwendeten Wahlleistungsvereinbarungen genau zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt nahm ein liquidationsberechtigter Wahlarzt eine Patientin auf Zahlung von ärztlichen Behandlungsleistungen auf Grundlage einer mit ihm geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung in Anspruch. Die der streitigen Rechnung zu Grunde liegende Operation wurde durch den namentlich benannten Stellvertreter durchgeführt. Nachdem bereits zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme klar war, dass der Kläger die Beklagte aufgrund einer Verhinderung nicht würde persönlich operieren können, wurde die Beklagte hierüber aufgeklärt. Ihr wurde angeboten, die Operation zu verschieben, sie insgesamt als allgemeine Krankenhausleistung oder vom namentlich benannten Vertreter des Klägers durchführen zu lassen. Die Beklagte entschied sich für die letztgenannte Möglichkeit.

Die Wahlleistungsvereinbarung enthielt die Formulierung, „dass sich die Vereinbarung über zusätzliche wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung beteiligten Ärztlichen Direktoren/Ärzte, soweit diese zur Erbringung wahlärztlicher Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen durch Ärzte und ärztlich gerichtete Einrichtungen außerhalb des Klinikums erstreckt (Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG)“; es fehlte daher die in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG enthaltene Einschränkung, dass es sich um „angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses“ handele.

Das LG Stuttgart hat die Zahlungsklage mit der Begründung abgewiesen, die Wahlleistungsvereinbarung sei nichtig, weil der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG dort unvollständig wiedergegeben worden war. Die Kammer folgt dabei ausdrücklich der (Grundsatz-)Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16.10.2014 – III Z RA 85/14, wonach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend festlege.

Den Umstand, dass der Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG in der begleitenden Patienteninformation wortgetreu wiedergegeben war, erachtete die Kammer als irrelevant. Die Patienteninformationen seien nicht Vertragsbestandteil, sodass sie auch nicht von dem zwingenden Schriftformerfordernis gemäß § 17 Abs. 2 KHEntgG umfasst seien.

Hinweis

Das Verfahren wurde dem Vernehmen nach von einer privaten Krankenversicherung maßgeblich unterstützt. Überprüfungen von stationären privatärztlichen Leistungen in großem Stil sind deshalb nicht unwahrscheinlich. Eine kritische rechtliche Prüfung der verwendeten Vertragsformulierungen ist daher ratsam.

Gespaltene Krankenhausaufnahmeverträge: Vertragsgestaltung mit Konfliktpotenzial

In seinem Urteil vom 14.1.2016 – III ZR 107/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) den gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag als zulässige Form des Behandlungsvertrages über stationäre Behandlungsleistungen bestätigt. Die Entscheidung illustriert eindrucksvoll, welches Konfliktpotenzial das Zusammenspiel von Gestaltung des Behandlungsvertrages mit dem Patienten im Außenverhältnis und Ausgestaltung der Vergütungsregelungen im Innenverhältnis zwischen Krankenhausträger und Wahlarzt birgt.

Mit ihrer Klage machte die private Krankenversicherung der Patientin aus abgetretenem Recht die teilweise Rückzahlung von (vermeintlich) überhöhten ärztlichen Behandlungskosten gegen den Chefarzt der Chirurgischen Klinik geltend. Der stationären Behandlung lag ein gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag zugrunde. Die streitgegenständliche Wahlleistungsvereinbarung über nichtmedizinische und ärztliche Wahlleistungen enthielt den Hinweis, dass die Klinik lediglich Vertragspartner für Unterbringung, Verpflegung und pflegerische Betreuung sei und wahlärztliche Leistungen nicht Gegenstand des Vertrages mit dem Klinikum seien; diesbezüglich würden gesonderte Behandlungsverträge mit den Wahlärzten des Klinikums geschlossen. Gemäß dem Dienstvertrag zwischen Klinik und Chefarzt zählte die Erbringung wahlärztlicher Leistungen zu den Dienstaufgaben des Chefarztes und diesem wurde entsprechend auch kein Liquidationsrecht eingeräumt. Vielmehr erhielt er von den Einnahmen aus Privatbehandlung eine variable Vergütung.

Die Klage gegen den Chefarzt blieb im Ergebnis erfolglos. Der BGH hat die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und die Revision zurückgewiesen. Der BGH verneinte das Bestehen eines Behandlungsvertrages zwischen Chefarzt und Patientin, sodass Rückzahlungsansprüche (nur) aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht kamen.

Keine vertraglichen Ansprüche

Eine zwingend mit dem Wahlarzt zu schließende Wahlarztvereinbarung war nach Auffassung des BGH nicht begründet worden. Weder der Arzt selbst noch die Klinik, (ggf. konkludent) handelnd als Vertreter des Arztes, habe eine solche Wahlarztvereinbarung mit der Patientin geschlossen. Dies scheitere auch daran, dass der Chefarzt ohne Liquidationsrecht keinen Anlass habe, ein zusätzliches Haftungsrisiko zu übernehmen, ohne im Gegenzug einen Honoraranspruch zu erlangen.

Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung

Stehe – wie vorliegend – dem behandelnden Wahlarzt kein Liquidationsrecht zu und übe das Krankenhaus das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen selbst aus, so der BGH, sei ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen überhöhter Rechnungsstellung grundsätzlich gegenüber dem Krankenhausträger geltend zu machen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung scheide jedoch aus, da der Chefarzt nichts erlangt hat, was er hätte herausgeben können. Die Rechnungsstellung erfolgte durch die Klinik und das Geld floss auf ein Konto der Klinik. Ein eigenes Liquidationsrecht besaß der Chefarzt nicht.

Hinweis

Die Entscheidung hat kritische Anmerkungen in der Fachliteratur provoziert. Es scheint zunächst, als ob die Klägerseite schlicht „den Falschen“ verklagt hatte. Wegen der „abgespaltenen“ wahlärztlichen Leistung bestand kein Behandlungsvertrag mit der Klinik. Insoweit wären rechtsgrundlos erlangte Zahlungen vom Klinikträger an den Patienten herauszugeben. Der Umstand, dass im Innenverhältnis zwischen Klinik und Chefarzt kein Liquidationsrecht, sondern lediglich eine Beteiligungsvergütung vereinbart worden ist, geriete insoweit zum Bumerang.

Der Patient schuldet danach faktisch gar keine Vergütung für die ärztliche Behandlung – allerdings stehen ihm aufgrund des „vertragslosen Zustandes“ auch keine Rechte aus einem Behandlungsvertrag zu. Unter verbraucherschutzrechtlichen Aspekten ist dieses Ergebnis durchaus fragwürdig. Es kommt hinzu, dass der Patient mit dem Risiko der falschen Wahl des Klagegegners aufgrund von Umständen belastet wird, die ihm nicht bekannt sind (vertragliche Ausgestaltung der Vergütung für ärztliche Wahlleistungen im Innenverhältnis zwischen Arzt und Krankenhausträger) und ihm gegenüber zudem explizit anderslautende Umstände formuliert worden sind (Hinweis in der Wahlleistungsvereinbarung, wonach ein separater Behandlungsvertrag mit den Wahlärzten geschlossen werde).

Die vertragliche Ausgestaltung des Behandlungsverhältnisses sollte daher nicht unreflektiert und unter Berücksichtigung der Vergütungsregelungen im Innenverhältnis zwischen Krankenhausträger und ärztlichem Personal erfolgen.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 1-2017. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.