Option zur Steuerpflicht bei der Lieferung von Grundstücken nun doch zeitlich begrenzt

Entscheidung des BFH vom 21.10.2015 (XI R 40/13):

Der BFH hat mit seiner Entscheidung vom 21.10.2015 (XI R 40/13) festgestellt, dass der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung eines Grundstücks (außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens) nur in dem dieser Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann.

Ein späterer Verzicht – Gleiches gelte auch für eine nachfolgende notarielle Ergänzung oder Änderung – auf die Umsatzsteuerbefreiung sei unwirksam, auch wenn er notariell beurkundet werde.

Das Urteil des BFH steht u. E. im Widerspruch zur derzeitigen Auffassung des V. Senats des BFH und der Finanzverwaltung. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Verwaltung der Auffassung des BFH anschließt.

Der V. Senat des BFH hatte entschieden, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Grundstückslieferung zurückgenommen werden kann, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung noch änderbar ist (BFH Urteil vom v. 19.12.2013 – V R 6/12). Eine zeitliche Begrenzung des Verzichts oder die Rücknahme des Verzichts auf die formelle Bestandskraft begrenze den Steuerpflichtigen unverhältnismäßig und sei daher nur dann zulässig, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist.

Der XI. Senat des BFH erkennt eine derartige gesetzliche Vorschrift nunmehr in § 9 Abs. 3 S. 2 UStG.

Der XI. Senat des BFH musste über einen Fall entscheiden, bei dem ein Unternehmer im Jahr 2003 zunächst ein Grundstück erworben und die Vorsteuer aus dem Erwerb geltend gemacht hatte und das Grundstück an seine Organgesellschaft vermietete. Mit notariell beglaubigtem Kaufvertrag vom 22.10.2009 veräußerte er das Grundstück dann steuerfrei an einen Erwerber. Daraufhin änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung und kürzte den Vorsteuerabzug aufgrund der steuerfreien Veräußerung im Sinne des § 15a UStG. Während des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht erfolgte eine notariell beurkundete Neufassung des Kaufvertrags vom 22.10.2009, in der der Unternehmer ausdrücklich auf die Steuerbefreiung verzichtete. Das Finanzgericht gab der Klage statt, da nach dessen Ansicht (so auch der V. Senat des BFH) § 9 UStG keine zeitliche Vorgabe enthält, in der die Option ausgeübt werden muss. Das Finanzamt legte gegen diese Entscheidung Revision ein.

Der XI. Senat des BFH sah die Revision des Finanzamtes als begründet an, da der Grundstücksverkauf mangels Verzicht auf die Steuerbefreiung im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 22.10.2009 steuerfrei sei und somit nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 3 S. 2 UStG genüge. Der XI. Senat des BFH begründet die Entscheidung damit, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 3 S. 2 UStG der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden, notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann. Daher ist eine Optionsausübung in einer dem eigentlichen Grundstückskaufvertrag nachfolgenden Vereinbarung nicht möglich.

Aus dieser Begründung folgt für die Praxis, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung zwingend im notariellen Kaufvertrag erklärt werden muss. Eine spätere Verzichtsausübung sowie eine nachträgliche Neufassung des Kaufvertrags sind aus Sicht des XI. Senats des BFH ausgeschlossen. Es stellt sich die Frage, wie die Finanzverwaltung mit diesem Urteil umgehen wird. Auf der einen Seite könnte sie sich der Rechtsauffassung des XI. Senats des BFH anschließen oder aber auch durch einen Nichtanwendungserlass reagieren. Zudem stellt sich die Frage, ob die Finanzverwaltung, sofern sie sich für Ersteres entscheidet, das Urteil nur für die Zukunft oder womöglich auf alle aktuell offenen Fälle anwendet.

In der Praxis empfiehlt es sich umso mehr, darauf zu achten, dass die Optionsausübung immer im notariellen Kaufvertrag erklärt wird.

Kontakt

Thomas Pelzer
Tel: +49 30 208 88-1040

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.