Gewinnneutrale Realteilung bei Fortsetzung der Gesellschaft

Der BFH hat mit Urteil vom 17.9.2015 (III R 49/13) entschieden, dass eine gewinnneutrale Realteilung einer Personengesellschaft auch dann vorliegen kann, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus einer Mitunternehmerschaft ausscheidet und die verbleibenden Mitunternehmer die Mitunternehmerschaft fortsetzen. Dadurch wird der Gestaltungsspielraum für die steuerneutrale Umstrukturierung von Mitunternehmerschaften erfreulicherweise erweitert.

Im Urteilsfall schied eine Partnerin aus einer Freiberuflersozietät aus. Die Sozietät hatte neben der Hauptniederlassung eine Zweigniederlassung in einer anderen Stadt unterhalten. Die Hauptniederlassung wurde durch die übrigen Gesellschafter fortgeführt, während die ausscheidende Partnerin die Zweigniederlassung übernahm.

Die sogenannte Realteilung ermöglicht die steuerneutrale Auflösung einer Personengesellschaft, wenn die bisherigen Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen im Betriebsvermögen bleibt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH setzte eine Realteilung die Beendigung der Mitunternehmerschaft voraus.

Der III. Senat des BFH hält an dieser engen Definition der Realteilung nicht mehr fest. Dem haben der IV. und VIII. Senat zugestimmt. Das Rechtsinstitut der Realteilung bezwecke, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, solange die steuerliche Erfassung stiller Reserven sichergestellt ist. Dies ist nach Ansicht der Richter nicht nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft vollständig aufgelöst wird, sondern auch wenn nur ein Gesellschafter (Mitunternehmer) ausscheidet.

Das Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in Form eines Teilbetriebs wird nicht mehr als Anteilsveräußerung, sondern als Aufgabe eines Mitunternehmeranteils gewertet. Dieses ermöglicht die gewinnneutrale Umstrukturierung auch, soweit mit dem Teilbetrieb Verbindlichkeiten übergehen. Hier ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten, weil Geld und andere Forderungen als Teil des ungeteilten Betriebsvermögens den Gesellschaftern – zur Vermeidung eines steuerpflichtigen Spitzenausgleichs – frei zugeordnet werden können. Deshalb war es unbeachtlich, dass der Zweigniederlassung anlässlich des Ausscheidens erhebliche liquide Mittel zugeordnet wurden. Im Urteilsfall hatte die ausgeschiedene Partnerin dennoch einen Gewinn zu versteuern, weil die Sozietät ihr neben der Sachwertabfindung (Zweigniederlassung) eine Rente zugesagt hatte.

Die neue Rechtsprechung steht im Gegensatz zur bisherigen Verwaltungspraxis (Realteilungserlass vom 28.2.2006), sodass sich die Frage stellt, wie die Finanzverwaltung reagieren wird. Derzeit wird ein BMF-Schreiben zur Klärung noch offener Rechtsfragen vorbereitet, konkrete Inhalte stehen bisher aber nicht fest. Ein Nichtanwendungserlass erscheint uns angesichts der übereinstimmenden Auffassung aller sachlich zuständigen BFH-Senate eher ausgeschlossen.

Ob die Anwendung der Realteilungsgrundsätze voraussetzt, dass der ausscheidende Gesellschafter tatsächlich einen Teilbetrieb übernimmt oder ob es ausreicht, dass er Einzelwirtschaftsgüter ohne Teilbetriebsstatus erhält, hat der BFH offengelassen. In der Praxis kann in Zweifelsfällen eine verbindliche Auskunft weiterhelfen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Bindungswirkung einer solchen Auskunft nur eintritt, wenn sich alle Gesellschafter einvernehmlich auf sie berufen.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.