Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung eines vermieteten Bürogebäudekomplexes durch einen Bauträger

Urteil vom 12.8.2015 – XI R 16/14 des XI. Senats des BFH:

Mit Urteil vom 12.8.2015 – XI R 16/14 hat der XI. Senat des BFH entschieden, dass die Übertragung eines vermieteten Grundstücks zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen führe, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernehme. Dies gelte auch dann, wenn der Veräußerer ein Bauträger sei, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert habe, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliege, das vom Erwerber fortgeführt werde.

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liege demgegenüber nicht vor, wenn – was Bauträger betrifft – die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin bestehe, ein Gebäude zu errichten und Mieter/Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragsteigernd veräußern zu können.

Der Entscheidung lag eine Übertragung eines Grundstücks zugrunde, welches im Zeitpunkt der Veräußerung bereits seit zwei bis drei Jahren langfristig durch den Bauträger vermietetet war. Der BFH hat entschieden, dass auch eine anfängliche, weiter bestehende und ihrem Unternehmenszweck entsprechende Absicht der Veräußerin, das Objekt wieder zu verkaufen, einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit nicht zwingend entgegenstehe. Ein Bauträger, der als Objektgesellschaft eine erworbene Immobilie nach ihrer Sanierung zunächst über mehrere Jahre hält, sukzessive weitgehend vermietet und dann gewinnbringend und, wie von Anfang an beabsichtigt, zum „richtigen“ Zeitpunkt veräußert, kann mit zunehmender Dauer selbst einen auf Vermietung gerichteten unternehmerischen Nutzungszusammenhang geschaffen haben, den er im Zuge der Veräußerung des Objekts auf den Erwerber übertragen kann.

Für die Praxis bedeutet dieses Urteil einmal mehr, dass die Parteien eines Grundstückskaufvertrags, mit dem auch Mietverhältnisse übertragen werden, gut beraten sind, wenn sie einvernehmlich von einem nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Vorgang ausgehen. Nur für den Fall einer ggf. abweichenden umsatzsteuerlichen Beurteilung durch die Finanzbehörden sollten allerdings im notariellen Kaufvertrag vorsorglich Festlegungen für den Fall einer steuerbaren Behandlung (ggf. Option zur Umsatzsteuer mit Übertragung der Steuerschuld auf den Erwerber) getroffen werden (siehe hierzu Beitrag in diesem Heft: „Option zur Steuerpflicht bei der Lieferung von Grundstücken nun doch zeitlich begrenzt“).

Kontakt

Thomas Pelzer
Tel: +49 30 208 88-1040

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.