Auf dem Weg zu einer gerechteren Verteilung von Vermögen? Ein Blick auf die afrikanische Rohstoffindustrie

Die Gewinne, die die einheimische Bevölkerung in Afrika aus der Rohstoffgewinnung erhält, variieren stark. Auf internationalen Druck und eine explizite Handlungsaufforderung hin haben einige Staaten beschlossen, diese Einkünfte gerechter zu verteilen. Unterstützung erhalten sie bei dem Übergang zu neuen Verteilungsmodellen von externen Experten.

Während Alaska oder Norwegen bei der Umverteilung der Erlöse aus dem Abbau natürlicher Ressourcen führend waren, gibt es für andere Länder diesbezüglich noch viel zu tun. Die Weltbank, die lange Zeit von der Kraft  des freien Marktes beim Kampf gegen Armut überzeugt war, hat ihre Einstellung geändert. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen wirft eine zentrale Frage auf: Welche Rolle spielen der Staat und die Abbaubetriebe? Wie können wir sicherstellen, dass erzielte Werte gerecht verteilt werden? Juan Pablo Pérez Alfonso, ehemaliger Minister für Bergbau und Kohlenwasserstoffe in Venezuela, betonte, dass Erdöl zwar Erlöse erzielt, aber auch eine mögliche Quelle für Korruption und Schulden ist, die der örtlichen Bevölkerung nicht zwangsläufig Gewinn bringt.

Eine ordnungsgemäße Verwaltung natürlicher Ressourcen muss drei Bedingungen erfüllen: „Haushaltstransparenz, eine auf klaren Vorschriften basierende Budgetpolitik und solide Einrichtungen zur Verwaltung der Staatsfinanzen“(1). Norwegen, Chile und Botswana gelten hier als Musterbeispiele. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die das vorbildliche Umverteilungssystem in Alaska(2): „Hierbei handelt es sich um ein konservatives Modell mit einer relativ geringen Dividende von nur 3 bis 6 % von Alaskas Pro-Kopf-Einkommen. Nur ein Teil der Öleinnahmen fließt in den Fonds und nur der Kapitalertrag aus diesem Fond wird verteilt – maximal 5 % des gesamten Marktwerts des Fonds. Verwaltet wird der Fond vom Alaskas Finanzamt. Strenge Kontrollmechanismen innerhalb des Haushalts machen diesen Fonds in vielerlei Hinsicht zu einem Vorbild für Transparenz.“

Das Ölparadoxon

Lange Zeit hat die afrikanische Bevölkerung kaum Geld aus dem Abbau natürlicher Ressourcen erhalten. So verfügt beispielsweise Angola(3), der zweitgrößte Erdölproduzent südlich der Sahara, über eines der reichsten Rohstofflager des Kontinents. Trotzdem liegt sein Human Development Index (HDI) unter dem der meisten Länder der Welt. Dieses Paradoxon von Gabon verdeutlicht: „Das Pro-Kopf-Einkommen ist sehr hoch, die Bevölkerung hingegen ist extrem arm“, erklärt Philippe Hugon, Forschungsdirektor bei IRIS (Institute of International and Strategic Relations). Eine im Jahr 2013 in 22 der 34 afrikanischen Länder(4) durchgeführte Untersuchung des Afrobarometers bestätigt: 62 % der befragten Einwohner gaben an, dass es schwer oder sehr schwer festzustellen sei, wie der Staat diese Gewinne verwendet. Tatsache ist, dass die Beziehung zwischen Staat und Erdölgesellschaften schon seit geraumer Zeit undurchschaubar ist. Bei einer Klassifizierung der Korruptionswahrnehmung, die von der NGO Transparency im Jahr 2014 durchgeführt wurde, gehörten Länder wie Guinea und die Demokratische Republik Kongo zu den Schlusslichtern. 

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Ein neues Abkommen: die Umgestaltung des afrikanischen Rohstoffsektors

In den letzten 20 Jahren wurden dennoch einige Fortschritte erzielt. Durch das Auftreten neuer Akteure auf dem Markt, wie zum Beispiel chinesischer, brasilianischer und malaysischer Erdölunternehmen, „wurden die bestehenden Strukturen aufgebrochen“, sagt Philippe Hugon. „Auf gewisse Weise hat die Logik des Wettbewerbs die Situation verändert.  Die afrikanischen Entscheidungsträger halten jetzt – und das mehr als je zuvor – die Karten in ihren Händen, denn sie verhandeln die Verträge selbst.“ Eine neue Generation von Führungskräften, die wachsende Macht der Jugend, die die traditionelle Vormachtstellung der Alten ablehnt, der schnelle Informationsaustausch sowie die von NGOs geforderte Transparenz haben ebenfalls zur Stabilisierung der Situation beigetragen.

Bei der Präsentation des Berichts 2013 des Africa Progress Panel erklärte sein Präsident, Kofi Annan: „Alleine können die afrikanischen Regierungen die hartnäckigen Probleme der Ressourcenpolitik nicht lösen. Die internationale Gemeinschaft muss ebenfalls Verantwortung übernehmen“. Im Jahr 2008 rief die Afrikanische Entwicklungsbank die African Legal Support Facility ins Leben, um die afrikanischen Staaten beim Aufsetzen ihrer Abbauverträge zu unterstützen. Die veränderte Situation ist unter anderem daran erkennbar, dass einige Länder nun ihre Einnahmen aus dem Ölgeschäft verwenden, um die Infrastruktur des Landes aufzubauen anstatt beispielsweise den Ankauf von Auslandsimmobilien zu finanzieren. Obwohl dieses System der „Pauschalgeschäfte“ – den Zugriff auf Ölressourcen zum Bau von Straßen, Gebäuden, Hydraulikanalgen etc. – mit Vorsicht zu genießen ist, können dadurch Gewinne direkt an die Bevölkerung zurückfließen. Philippe Hugon sagt zur Einbeziehung externer Fachleute: „Um diese ‘Pauschalgeschäfte’ konkurrenzfähiger zu machen, bewerben Erdölgesellschaften ihre Social Responsibility-Projekte. Externe Firmen führen Audits durch, um festzustellen, ob die Praktiken dieser Unternehmen den Normen für Umweltschutz und Transparenz entsprechen.“

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Der Wirtschaftsprüfer, Garant für Transparenz und Vertrauen

Das von Mazars geleitete Projekt in Niger ist ein hervorragendes Beispiel für diesen Prozess. So hat Mazars an einer Ausschreibung des Staates Niger teilgenommen, der im Rahmen eines Production Sharing Agreement mit einer unabhängigen Gesellschaft ein „Kosten-Erdöl-Audit“ durchführen wollte. „Dieses Projekt war extrem technisch und erforderte viel Fingerspitzengefühl. Schließlich sollte festgestellt werden, ob die „anrechenbaren Kosten“ – die Betriebskosten, die die Erdölgesellschaft dem Staat gemäß dem bestehenden Vertrag verrechnet hatte, – legitim waren“, erklärt Mazars-Partner Taïbou M’Baye, ein in Dakar ansässiger Mazars-Partner. „Wir mussten fachübergreifende Ressourcen mobilisieren: ein Experten-Team aus zahlreichen Ländern mit umfassenden Kenntnissen über die betriebsinterne Revision, aber auch über die Feinheiten der Rechtsvorschriften sowie Ingenieure, die sich auf dem Gebiet der Erdölwirtschaft auskennen“. Diese komplexe Mission umfasste verschiedene Bereiche, von der Vertragsanalyse über IT-Audit bis hin zum Benchmarking von Marktpraktiken und Buchhaltungsdienstleistungen. Taïbou M’Baye weist auf die Vorteile hin, die der Druck durch diese Art von Audit bewirkt hat. Zuerst lag dieser Druck auf den Betreibern und dann auf dem nigerianischen Staat. Da die Prüfungsergebnisse öffentlich zugänglich sind, war die Regierung in der Lage, Verbesserungspotenzial bei den nationalen Erdölvorschriften und deren Steuerung zu erkennen. „Dies ist die Rolle eines Wirtschaftsprüfers: dem öffentlichen Interesse zu dienen und Vertrauen zwischen den beteiligten Parteien aufzubauen.

Weitere Informationen: www.mazars.com/CostOil

(1) Sharing the Wealth, by Sanjeev Gupta, Alex Segura-Ubiergo and Enrique Flores. FMI, December 2014.
 (2) Sharing the Wealth, by Sanjeev Gupta, Alex Segura-Ubiergo and Enrique Flores. FMI, December 2014.
 (3) Sharing the Wealth, by Sanjeev Gupta, Alex Segura-Ubiergo and Enrique Flores. FMI, December 2014.
 (4) Oil and mining countries: Transparency low, official impunity high, Afrobarometer, December 2013.