Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

In Bezug auf gemeinnützigkeitsrechtliche Bestimmungen

Durch Schreiben des BMF vom 26.01.2016 wurde der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) geändert. Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen gemeinnützigkeitsrechtlicher Bestimmungen dargestellt.

Ergänzung der Kommentierung des AEAO zu § 55 AO („Selbstlosigkeit“) in Bezug auf sog. Eigengesellschaften

§ 55 AO besagt, dass nur die Körperschaften als gemeinnützig anerkannt werden, welche ihre satzungsmäßigen Zwecke selbstlos und damit ohne eigenwirtschaftliche Interessen verfolgen. Der Gesetzestext definiert, wann Selbstlosigkeit gegeben ist. Die Ausführungen im AEAO wurden um eine Nr. 2 ergänzt.

Diese beschäftigt sich mit der Frage, wann eine sog. Eigengesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Erfüllung von Pflichtaufgaben eingesetzt wird, selbstlos tätig ist. Grundsätzlich ist dies der Fall. Allerdings stellt die Finanzverwaltung unter Verweis auf die Entscheidung des BFH vom 27.11.2013 (I R 17/12, BStBl 2016 II S.) klar, dass die von der Gesellschaft erbrachten Leistungen grundsätzlich angemessen vergütet werden müssen. Das Entgelt muss dabei, so der BFH und ihm folgend nun auch die Finanzverwaltung, die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinn beinhalten. Handelt es sich um eine steuerbegünstigte Gesellschaft, ist ein Gewinnzuschlag allerdings in der Regel nicht marktüblich.

Änderungen in Nr. 2 AEAO zu § 57 AO („Unmittelbarkeit“)

§ 57 AO regelt die Unmittelbarkeit der Ausübung steuerbegünstigter Zwecke. Die Verwaltungsauffassung in Nr. 2 zu § 57 AO, welche den Einsatz von Hilfspersonen und deren Auswirkungen auf das Merkmal der Unmittelbarkeit behandelt, wurde in Satz 9 um einen Halbsatz ergänzt. Dieser stellt klar, dass es für die Eigenschaft als Hilfsperson i. S. d. § 57 AO unschädlich ist, wenn die eingeschaltete Körperschaft ihren Beitrag im Außenverhältnis selbstständig und eigenverantwortlich erbringt. Der alte Satz 10, welcher die Hilfspersonenstellung einschränkte, wurde als Konsequenz gestrichen. Beide Änderungen beruhen – wie bereits die Änderungen in der Kommentierung zum § 55 AO – auf dem o. g. Urteil des BFH vom 27.11.2013.

Neufassung der Erläuterungen zu § 58 Nr. 2 AO („steuerlich unschädliche Betätigungen“)

Dem § 58 AO kommt im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts eine zentrale Bedeutung zu, da er eine Auflistung „steuerlich unschädlicher Betätigungen“ beinhaltet. In den Erläuterungen zu § 58 Nr. 2 AO stellt die Finanzverwaltung nunmehr klar, dass bei einer Mittelüberlassung an eine juristische Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht von einer Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke ausgegangen wird, wenn die Mittel dem Gesamthaushalt der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu Gute kommen und mit diesem Etat auch andere als steuerbegünstigte Zwecke verfolgt werden. Sollte allerdings der Nachweis erbracht werden, dass die in Rede stehenden Mittel ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden, so handelt es sich bei der Weiterleitung der Mittel um eine steuerlich unschädliche Betätigung.

Änderungen in Nr. 6 AEAO zu § 61 AO („satzungsmäßige Vermögensbindung“)

Der § 61 AO regelt die satzungsmäßige Vermögensbindung. Hierfür muss der Zweck, dem die Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft nach ihrer Auflösung zugeführt werden, in der Satzung klar bestimmt werden. Dies dient vorrangig der Überprüfung, ob die spätere Verwendung auch den gemeinnützigkeitsrechtlichen Kriterien entspricht. In Nr. 6 hat die Finanzverwaltung nunmehr klargestellt, dass auch Verstöße gegen die tatsächliche Geschäftsführung und damit gegen das Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1–3 AO) so schwerwiegend sein können, dass sie einer Verwendung des gesamten Vermögens für satzungsfremde Zwecke gleichkommen. Dies würde eine Nachversteuerung nach § 61 Abs. 3 AO rechtfertigen. Auch diese Neufassung beruht auf dem Urteil des BFH vom 27. November 2013.

Änderungen in Nr. 13 und 14 AEAO zu § 62 AO („Rücklagenbildung“)

§ 62 AO befasst sich u. a. mit der gemeinnützigkeitsunschädlichen Bildung von Rücklagen. Die neue Nr. 13 stellt klar, dass die Zuführung von Mitteln in Rücklagen die Höchstgrenze für die Bildung einer freien Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) nicht berührt. Des Weiteren stellt die Finanzverwaltung in Nr. 14 nunmehr klar, dass bei Entfallen der Gründe für die Rücklagenbildung (§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 AO), die Rücklagen umgehend aufzulösen und die daraus frei werdenden Mittel für steuerbegünstigte satzungsmäßige Zwecke zu verwenden sind. Allerdings kann auch eine Neubildung von Rücklagen vorgenommen werden, sollten die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu vorliegen.

Neufassung der Erläuterungen zu § 66 AO („Wohlfahrtspflege“)

Nach § 66 Abs. 1 AO ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dann gegeben, wenn ein Zweckbetrieb insbesondere mildtätigen Zwecken gem. § 53 AO dient. Allerdings darf die Wohlfahrtspflege nicht des Erwerbs wegen ausgeführt werden. Hierzu wurden die Auffassungen im AEAO umfassend überarbeitet.

In Nr. 2 des AEAO zu § 66 AO legt die Finanzverwaltung nunmehr fest, dass eine Einrichtung dann „des Erwerbs wegen“ betrieben wird, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen. Werden durch die Gewinne des Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege allerdings andere Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO bzw. ideelle Tätigkeiten der Einrichtung (mit)finanziert, so handelt es sich um steuerschädliche Tätigkeiten „des Erwerbs wegen“. Steuerunschädlich ist hingegen die Mitfinanzierung eines anderen Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO.

Nach Nr. 3 des AEAO zu § 66 AO muss die Tätigkeit auf die Sorge für i. S. d. § 53 AO notleidende oder gefährdete Menschen gerichtet sein. Hier hat die Finanzverwaltung nun klargestellt, dass es gemeinnützigkeitsrechtlich nicht auf etwaige Vertragsbeziehungen ankommt, sondern ausschließlich darauf, ob die Einrichtung der Wohlfahrtspflege „zumindest faktisch unmittelbar“ gegenüber sog. bedürftigen Personen tätig wird. Ferner findet sich nun in den Sätzen 9–11 die Feststellung, dass bei der (entgeltlichen) Zurverfügungstellung von Personal an einen Vertragspartner zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke einer Pflegeeinrichtung eine Zuordnung der bereitgestellten Pflegekräfte zum Zweckbetrieb nach § 66 AO erfolgt.

Ferner wird in Nr. 6 des AEAO zu § 66 AO ausgeführt, dass die bloße Beförderung von Personen, für die der Arzt eine Krankenfahrt verordnet hat, keine steuerbegünstigte Tätigkeit im Rahmen der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO begründet.

Kontakt

Thorsten Möws
Tel: +49 30 208 88-1376

Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.