a)    Häufig findet man in Verträgen Rechtswahlklauseln zu Gunsten des englischen Rechts oder zu Gunsten des Rechts von England und Wales: Die Wahl des englischen Rechts ist typisch, da es ein sehr beliebtes Recht ist.

„Richtiger“ ist aber an sich die Wahl des Rechts von England und Wales, da diese beiden einen Rechtskreis bilden, genau wie auch jeweils Schottland und Nordirland. Man findet zwar auch teilweise die Wahl des UK-Rechts oder Great Britain, was aber an sich nicht richtig ist, da diese keine einheitlichen Rechte vorweisen.

Es gilt zu bedenken, dass das EU-Recht oftmals - nämlich im Fall von sogenannten Richtlinien - erst im Wege der nationalen Gesetzgebung in englisches Recht umgesetzt wurde. Diese nationalen Gesetze werden auch nach dem Brexit erst einmal fortgelten. Inwieweit danach Gesetzesänderungen erfolgen, hängt von dem von dem UK in Zukunft gewählten System ab.

Allerdings ist zu erwarten, dass sich im Bereich des allgemeinen Zivil- und Handelsrechts wenige Änderungen ergeben, da hier das englische Recht (a) stark geprägt ist durch jahrhundertealtes Case Law und (b) traditionell auf Willen der Parteien abstellt – stärker als das kontinentale Recht, welches stark der Auslegung anhand von Gesetzen zugänglich ist.

b)    Umgekehrt kommen in Verträgen bei einzelnen Klauseln auch Verweise auf
EU-Gesetzgebung oder EU-Rechtsprechung vor, beispielsweise die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Schwellenwerte, Verbraucherschutzregelung oder Umweltstandards.

In diesem Fall ist bislang komplett offen, wie solche Verweisungen verstanden werden sollen. Es wird darauf ankommen, ob

  • die Parteien die Geltung des EU Rechts nur für den Fall regeln wollten, dass das UK tatsächlich ein EU-Mitgliedstaat ist,
  • oder ob das EU-Recht unabhängig von einer EU-Mitgliedschaft anwendbar sein sollte;
  • wobei sich im letzteren Fall sogar die Frage gestellt, welches EU-Recht dann gelten soll, nämlich das jeweils gültige EU-Recht oder maximal das zum Zeitpunkt des Brexit geltende EU-Recht.

Je nachdem welche bzw. wie viele Regelungen in einem Vertrag hiervon betroffen sind, wird eine Partei unter Umständen sogar argumentieren können, dass ein sogenannter Material Adverse Change – vergleichbar dem deutschen Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage – vorliegt. Eher nicht infrage kommt das Argument, dass höhere Gewalt vorliegt: Bei einem durch Volksentscheid begründeten Brexit wird man wohl kaum von höherer Gewalt sprechen können. 

c)     Ziemlich eindeutig dürfte der Handlungsbedarf sein bei Klauseln, in denen auf das EU-Territorium Bezug genommen wird. So etwas findet man oft in Wettbewerbsregelung oder Regelungen zum Vertriebsgebiet. In diesem Fall wird es für die Parteien wichtig sein, dass das Recht bzw. das Verbot, in einem bestimmten Gebiet Wettbewerb zu betreiben oder etwas zu vertreiben, nicht dadurch beschränkt wird, dass das UK die EU verlässt.

d)    In vielen Fällen werden sich bereits im Vorfeld zum Brexit nachteilige Rechtfolgen absehbar, auf welche die Parteien reagieren können. So wird beispielsweise bei Exporten nach Großbritannien mit höheren Zöllen zu rechnen sein. Insbesondere bei langfristigen Lieferverträgen mit Lieferanten oder Abnehmern in Großbritannien sollte man den Vertrag auf Regelung hin prüfen, wer solche Nachteile zu tragen hat und ggf. nachverhandeln; das Nachverhandeln geht umso besser, je früher man hierüber verhandelt, da man dann noch auf andere Vertragspartner umschwenken kann bzw. nicht Gefahr läuft, Kündigungsfristen zu versäumen und nicht mehr mit einer Kündigung drohen zu können.

e)    Im Vorfeld des Volksentscheids war der Terminus der Brexit-Klausel in aller Munde; damit wurde aber zumeist eine Regelung zu einer Rücktrittsvorbehalt für den Fall eines positiven Ausgangs des Votums bezeichnet. Hingegen geht es heute, nach dem die Entscheidung für den Brexit gefallen ist, eher um eine Vertragsanpassung, und zwar um eine Erweiterung, um die verschiedenen Szenarien abzudecken und den Gesetzesänderungen sozusagen vorzugreifen. Dies ist jedoch nicht ganz einfach, da die rechtlichen Konsequenzen des Brexits noch nicht absehbar sind. Denn in diesem Fall muss man den tatsächlichen Willen der Parteien bzw. das von den Parteien gewollte Ergebnis sehr genau beschreiben, und zwar so genau, dass im Zweifelsfall die Regelung auch vollstreckbar ist, d.h. ein Richter losgelöst vom Gesetz über die konkrete Durchführung des Vertrages entscheiden kann.